Kommentar zu Sprachtest-Urteil Integration geht vor Abschreckung
Die Sprachtests für Ehepartner von in Deutschland lebenden Türken sind nicht rechtens. Das hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden. Und das ist gut so. Im konkreten Einzelfall kann nun eine Türkin zu ihrem Mann, der bereits seit 1998 in Deutschland wohnt, ziehen. Ihr Visum war abgewiesen worden wegen mangelnder Deutschkenntnisse. Ein unfairer Grund: Die Frau ist Analphabetin.
Absurd im Einzelfall - aber auch generell ist der Zweck des Sprachtests zu bezweifeln. Die Überprüfung "einfacher Deutschkenntnisse" sollten Schein- und Zwangsehen erschweren und die Integration in Deutschland erleichtern. Doch seien wir ehrlich: Wer das Asylrecht austricksen will und heiratet, um in Deutschland bleiben zu können - für den ist der Sprachtest kein Hindernis. Wer seine Tochter an einen Fremden verheiraten will, der wird ihr auch vorher noch beibringen, sich auf Deutsch vorzustellen oder nach dem Weg zu fragen.
Vielmehr ist der Test ein unnötiges Hindernis für diejenigen, die ihre Familie wieder zusammenführen wollen, weil sie in Deutschland einen Job gefunden haben. Laut einer Studie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zur Integration zugewanderter Ehegatten empfinden ein Drittel der Betroffenen den verpflichtenden Sprachnachweis als stark oder sehr stark belastend. Selbst wenn sie ihn sinnvoll finden.
Abschlüsse anerkennen
Die Bereitschaft der Betroffenen, Deutsch zu lernen, ist hoch. Nach der Einreise in Deutschland bemühen sich laut der Studie fast alle der befragten Ehegatten um eine Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse, vor allem im Integrationskurs. Nur sechs Prozent haben nach ihrer Einreise nichts unternommen, um Deutsch zu lernen.
Gerade junge Frauen kommen jedoch oft nicht dazu, diese Kurse weiter zu verfolgen. Meist werden sie schnell schwanger, sind nicht erwerbstätig und können so kaum soziale Beziehungen aufbauen. Dabei können viele von ihnen einen mittleren oder hohen Schulabschluss in ihrem Herkunftsland vorweisen. Man müsste sie zu Hause abholen - ihnen mehr Gelegenheit zum Anschluss geben, sie aktiv integrieren.
Und sie brauchen aktive Unterstützung dabei, Jobs aufgreifen zu können. Mehr als die Hälfte aller Ehegatten aus dem Ausland bringen einen Studien- oder Berufsabschluss mit - bei nur 15 Prozent werden diese in Deutschland anerkannt. Das sind die Punkte, an denen angesetzt werden sollte. Dann können die Migrantinnen nicht nur den Weg erklären, sondern auch ihren eigenen Weg finden.