Porträt von Altkanzler Schmidt: Gästelisten hinterlassen
Foto: AP/dpaEs wird der dritte Staatsakt binnen eines Jahres sein: Nur zehn Monate nach dem öffentlichen Abschiednehmen von Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker im Berliner Dom und der Trauerfeier für die Opfer des Germanwings-Katastrophe im April werden Hunderte Trauergäste zum Staatsakt für Altkanzler Helmut Schmidt nach Hamburg kommen. Die Feier wird frühestens in zwei Wochen in der Kirche St. Michaelis, bekannt als Michel, stattfinden.
Schmidt war am Dienstag im Alter von 96 Jahren in seinem Wohnhaus in Hamburg verstorben. Der SPD-Politiker regierte zwischen 1974 und 1982 als Bundeskanzler in einer Koalition mit der FDP.
Schmidt hatte sich den Michel dem Vernehmen nach ausdrücklich für den Staatsakt gewünscht - dort fand auch die Trauerfeier für seine 2010 verstorbene Ehefrau Loki Schmidt und 2014 der öffentliche Abschied des Schriftstellers Siegfried Lenz statt, eines engen Freundes des Altkanzlers.
Kirche St. Michaelis in Hamburg: Feier für den verstorbenen Altkanzler
Foto: © Fabian Bimmer / Reuters/ REUTERSAuch die anschließend geplante Trauerfeier im Hamburger Rathaussaal geht auf einen Wunsch Schmidts zurück. Der Michel könnte 2000 Trauergäste aufnehmen, für den anschließenden Trauerempfang im Hamburger Rathaus sind 1000 Gäste vorgesehen.
Doch Schmidt, so hört man aus dem Rathaus, verfügte noch weitere Details für den Staatsakt: Der Ex-Kanzler hinterließ Gästelisten und wünschte sich, dass nur wenige Trauerredner beim Staatsakt auftreten.
Bisher steht nur Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) als Redner fest. Nach dem üblichen Protokoll wird dann entweder Joachim Gauck als Staatsoberhaupt oder Angela Merkel als Bundeskanzlerin sprechen. Möglich wäre auch ein weiterer Redner aus dem persönlichen Umfeld von Schmidt. Zum Vergleich: Beim Staatsakt für Weizsäcker hatten der Bundespräsident, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie Ex-Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (Grüne) geredet.
Alles Weitere, beispielsweise auch die Frage des musikalischen Programms, soll in den kommenden Tagen zwischen dem für den Staatsakt verantwortlichen Bundesinnenministerium und der Hamburger Senatsverwaltung geklärt werden. Dafür wurde inzwischen ein Arbeitsstab eingerichtet.
Hamburgs Regierungschef Scholz befindet sich im Moment auf einer Delegationsreise in China. Das ist gewissermaßen ein besonderer Zufall, da der Ex-Kanzler ein großer Freund Chinas war und das Land häufig bereist hat. Die Hamburger Protokollchefin ist inzwischen in die Hansestadt zurückgekehrt.
Der Staatsakt stellt die protokollarisch höchste Würdigung in Deutschland dar. Vor Weizsäcker war zuletzt Ex-Bundespräsident Johannes Rau im Jahr 2006 diese Ehre zuteil geworden. Zum Staatsakt werden üblicherweise neben Angehörigen und Freunden des Verstorbenen die höchsten Repräsentanten des Landes sowie Staatsgäste aus dem Ausland eingeladen.
Im Video: Helmut Schmidt mit 96 Jahren verstorben
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Auf ihn hörten die Sozialdemokraten bis zuletzt: Altkanzler Helmut Schmidt im Oktober 2007 im Gespräch mit Gerhard Schröder.
Helmut Schmidt als Baby. Einen Tag vor Heiligabend 1918 erblickte er das Licht der Welt.
Der Soldat: Diese Aufnahme zeigt Schmidt im Jahre 1940. Im Zweiten Weltkrieg kam er zur Flakartillerie, kämpfte an der Ostfront in einer Panzerdivision und später auch an der Westfront - zuletzt als Oberleutnant der Reserve und Batteriechef.
Associated Press
Frühe Jahre in der Politik: Schmidt 1955 in Bonn als SPD-Bundestagsabgeordneter.
Erste große Bewährungsprobe: Helmut Schmidt im Dezember 1962. Der damalige Hamburger Innensenator ehrt Bundeswehrsoldaten für ihren Einsatz während der Flutkatastrophe in der Hansestadt.
Drei Legenden der SPD: Schmidt 1966 im Gespräch mit Herbert Wehner, dem langjährigen späteren Fraktionschef der Sozialdemokraten. Links sitzt Willy Brandt. Sein Verhältnis zu Schmidt war nie ganz spannungsfrei.
Sportlich: Schmidt springt im Mai 1968 auf dem Bundeskongress der Jungsozialisten in Frankfurt am Main von der Rednerbühne.
Der Segler: Schmidt genießt im Juli 1971 einen sonnigen Tag auf dem Schulschiff "Mistral" in der Kieler Bucht.
Die Spionagetätigkeit seines Referenten Günter Guillaume (M.) wurde dem Sozialdemokraten Willy Brandt (r.) zum Verhängnis. Er trat zurück. Helmut Schmidt wurde im Mai 1974 Kanzler.
Auch das Schnupfen von Tabak gefiel Schmidt. Bei einem New-York-Besuch im Dezember 1974 amüsiert er sich über die Bemühungen des amerikanischen NBC-Moderators Lawrence E. Spivak.
Da hatten sie noch Spaß: Helmut Schmidt mit seinem späteren Nachfolger Helmut Kohl beim Presseball 1974 in Bonn.
Konzentrierter Zuhörer: Schmidt im Juli 1975 bei der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), die in Helsinki stattfand.
Schach-Fan: Helmut Schmidt 1975 bei einer Simultanpartie in seinem Büro. Der Kanzler liebte den Denksport, hatte aber während seiner Politikerlaufbahn wenig Zeit dafür.
Sichtlich angetan von diesen drei Go-go-Girls war Schmidt im Juli 1977 auf seiner jährlichen Sommerparty in Bonn.
Zwei Freunde: Mit Frankreichs Staatschef Valéry Giscard d'Estaing (hier im Sommer 1977 auf dem Flughafen von Straßburg) verband Helmut Schmidt ein außerordentlich gutes Arbeitsverhältnis.
Schwere Entscheidung: In einer Fernsehansprache nimmt Schmidt im September 1977 Stellung zur Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer durch die RAF. Er gab den Forderungen der Terroristen nicht nach.
Schmidt kondoliert im Oktober 1977 bei der Trauerfeier in Stuttgart Waltrude Schleyer, der Witwe des ermordeten Arbeitgeberpräsidenten.
Im Visier des RAF-Terrors: Schmidt steigt 1978 in Essen unter Polizeischutz in ein Auto.
Ostpolitiker: Schmidt stützt im Mai 1978 in Bonn zusammen mit dem sowjetischen Außenminister Gromyko (l.) Leonid Breschnew. Der damalige Kreml-Chef hatte nach einem Fototermin Mühe aufzustehen.
Kommunikationsprobleme? Schmidt 1979 bei einer Konferenz mit der britischen Premierministerin Maggie Thatcher.
Außenpolitiker: Schmidt lauscht im März 1979 vor Schloss Gymnich einer Erklärung des ägyptischen Staatschefs Anwar al-Sadat.
Internationaler Auftritt: Schmidt im Januar 1979 bei einem inoffiziellen Gipfel auf der Karibik-Insel Guadeloupe. Rechts Frankreichs Staatschef Valéry Giscard d'Estaing, daneben der britische Premier James Callaghan, neben Schmidt der US-Präsident Jimmy Carter.
Zwei Welten: Kanzler Schmidt und das Künstlergenie Andy Warhol im November 1980 beim Presseball in Bonn.
Ein glückliches Paar: Helmut und Loki Schmidt am 26. Dezember 1981 bei einem Spaziergang am Strand der US-Ferieninsel Sanibel Island. Er war seit 1942 mit der Lehrerin verheiratet.
Zweimal Deutschland: Erich Honecker verabschiedet Schmidt im Dezember 1981 nach einem Besuch in Güstrow. Der DDR-Staatsratschef reichte dem Kanzler ein Bonbon.
Hans-Dietrich Genscher war in Schmidts Kabinett Außenminister und Vizekanzler. Nach der "Wende" 1982 behielt der FDP-Mann auch unter Helmut Kohl beide Ämter.
Die "Wende": Schmidt beglückwünscht am 1.10.1982 Helmut Kohl als seinen Nachfolger. Durch ein konstruktives Misstrauensvotum im Bundestag wurde der Hamburger als Kanzler gestürzt.
Publizisten: Mit einem Handkuss begrüßte Schmidt im Dezember 1988 Marion Gräfin Dönhoff, die Herausgeberin der "Zeit". Er war seit 1983 Mitherausgeber der Wochenzeitung.
Nichts ohne Loki: Das Ehepaar Schmidt im August 2003 bei einem kurzen Spaziergang im schweizerischen Graubünden.
Ratgeber: Schmidt im September 2008 im Gespräch mit dem damaligen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier.
Der Raucher in seinem Büro bei der "Zeit": Schmidt mochte zeitlebens nicht auf seine Zigaretten verzichten.
Das Ehepaar Schmidt mit Tochter Susanne bei einer Feier 2009 in Hamburg. Loki Schmidt starb am 21.10.2010 im Alter von 91 Jahren. Der Altkanzler zog sich nach ihrem Tod zunächst zurück und mied die Öffentlichkeit. Er trauerte still um seine große Liebe.