Staatsbesuch in Lateinamerika Westerwelle umgarnt Brasilien

Ein "aufstrebender Stern": Deutschland will von Brasilien und seinem Wachstum profitieren. Außenminister Westerwelle sieht seine Politik als Türöffner - auf seiner Reise umwirbt er brasilianische Politiker und preist deutsche Unternehmen.
Außenminister Westerwelle mit brasilianischem Amtskollegen Amorim: "Türen öffnen"

Außenminister Westerwelle mit brasilianischem Amtskollegen Amorim: "Türen öffnen"

Foto: ADRIANO MACHADO/ AFP

Brasília - In São Paulo sind etwa 800 der insgesamt 1200 deutschen Firmen in Brasilien angesiedelt. Damit ist die Stadt der größte deutsche Unternehmensstandort außerhalb Deutschlands. Grund genug für Außenminister Guido Westerwelle, bei seinem Besuch für die deutsche Wirtschaft zu werben. Er betont gern die "strategische Partnerschaft" beider Länder. Bei einem Treffen mit Industrieminister Miguel Jorge bezeichnete Westerwelle Brasilien nach Angaben von Delegationsteilnehmern als "aufstrebenden Stern" in Lateinamerika.

Ausdrücklich sicherte der FDP-Politiker deutsche Unterstützung beim Ausbau der Kernenergie zu. "Wir Deutsche haben die Technologie und hervorragende erfahrene Firmen, die dabei unterstützen können", sagte Westerwelle am Mittwoch. An einer Zusammenarbeit auf dem Feld der Atomenergie sei die deutsche Wirtschaft "sehr interessiert".

Brasilien verfügt in Angra dos Reis, rund 150 Kilometer südwestlich von Rio am Atlantik, nur über einen einzigen AKW-Standort. Allerdings gibt es ehrgeizige Pläne für einen deutlichen Ausbau der Atomenergie. Westerwelle verwies auch auf den technologischen Vorsprung deutscher Firmen bei erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind.

Brasilien ist Deutschlands wichtigster Handelspartner in Lateinamerika. Gleich zu Anfang seiner Reise hatte Westerwelle ein Kernanliegen seiner Außenpolitik klar gemacht: "Türen zu öffnen für deutsche Unternehmungen." Seine Vorgänger, Frank-Walter Steinmeier (SPD), war 2006 und Bundeskanzlerin Angela Merkel zuletzt 2008 in Brasilien.

Der Siemens-Konzern und auch die Transrapid-Bauer hoffen auf Aufträge bei dem mehr als 13 Milliarden Euro umfassenden Projekt "Trem-Bala". Der Hochgeschwindigkeitszug soll bis 2016 laufen und die Millionen-Metropolen São Paulo und Rio verbinden. Am Donnerstag besichtigt Westerwelle zunächst in Jundiaí, etwa 50 Kilometer von São Paulo entfernt, das zum Siemens-Konzern gehörende größte lateinamerikanische Energietechnik-Werk.

Brasilien lehnt Sanktionen gegen Iran ab

Am Donnerstag ist Westerwelle zudem in der Wirtschaftsmetropole São Paulo, nachdem er zunächst Brasília besucht hatte. Anschließend fliegt der Außenminister zum Abschluss seiner bisher längsten Auslandsreise nach Rio de Janeiro, wo er sich über die Planungen für die Fußball-WM 2014 und die Olympischen Spiele 2016 informieren will. Vorherige Stationen waren Chile, Argentinien und Uruguay.

Trotz der Harmonie lagen Deutschland und Brasilien in einer wichtigen Frage auseinander: Im Streit ums iranische Atomprogramm steht Brasilien neuen Sanktionen weiterhin ablehnend gegenüber. Außenminister Celso Amorim sprach sich nach einem Treffen mit Westerwelle für weitere Verhandlungen mit Teheran aus. Gebraucht würden nun "Gesten der Flexibilität auf beiden Seiten". "Wenn es Sanktionen gibt, dann leiden die Schwächsten am ärgsten. Und sehr oft wird es die Haltung der Regierung gar nicht verändern." Westerwelle machte hingegen deutlich, dass Deutschland zu weiteren Strafmaßnahmen bereit ist.

Westerwelle gibt sich auf seiner Reise demonstrativ unbeeindruckt von der Kritik aus Deutschland. Oppositionspolitiker bezweifeln derweil wegen der Vorwürfe gegen den Außenminister dessen Amtstauglichkeit. "Ich habe große Zweifel, ob Westerwelle als Außenminister überhaupt ministrabel ist", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann.

Der SPIEGEL hatte berichtet, dass sich unter den Wirtschaftsvertretern, die Westerwelle bei seinen Reisen begleiten, auch Spender an die FDP befinden.

In die Debatte um seine Teilnahme an Auslandsreisen hat sich auch Westerwelles Lebensgefährte eingeschaltet. In der "Bild"-Zeitung hat der Unternehmer Michael Mronz den Vorwurf zurückgewiesen, er nutze Auslandsreisen mit seinem Lebenspartner Bundesaußenminister Westerwelle zur Anbahnung privater Geschäfte. Mronz, der auch Vorstand der Aktion "Ein Herz für Kinder" ist, sagte der "Bild"-Zeitung: "Wann immer ich es zeitlich schaffe, möchte ich Herrn Westerwelle auf seinen Reisen begleiten, um mich für Kinder sozial zu engagieren. Dass ich auf eigene Kosten reise, versteht sich dabei von selbst!"

kgp/dpa/apn
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