Stadtarchiv-Einsturz Kölns OB Schramma verzichtet auf Kandidatur

Fritz Schramma gibt auf: Der Kölner Oberbürgermeister, der wegen des Einsturzes des Stadtarchivs unter massivem Druck steht, verzichtet auf eine Wiederwahl. Das gab der CDU-Politiker auf einer Pressekonferenz bekannt.

Köln - Fritz Schramma wirft hin: Kölns Oberbürgermeister (OB) steht für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung. In einer Pressekonferenz kündigte der CDU-Politiker seinen Verzichtet auf die Abstimmung im Spätsommer an. Als Grund dafür nannte er, dass der Einsturz des Kölner Stadtarchivs zunehmend in den Wahlkampf hineingezogen werde. "Offensichtlich ist vielen der Wahlausgang wichtiger als das langfristige Wohl unserer Stadt", sagte er.

Er habe mehrfach im Stadtrat und an anderen Stellen appelliert, das Unglück und seine Konsequenzen aus dem "politischen Gezänk" herauszuhalten, aber "meine Appelle stießen auf taube Ohren". Stattdessen werde "weiter spekuliert, verdächtigt, verunglimpft, vorverurteilt".

Schramma war im Zusammenhang mit der Katastrophe am 3. März unter Druck geraten. Dabei waren vor rund vier Wochen zwei junge Männer im Alter von 17 und 24 Jahren ums Leben gekommen.

Schramma war unter anderem ein "Schlingerkurs" in der Frage vorgeworfen worden, ob die U-Bahn nach dem Unglück noch weitergebaut werden sollte. Im Stadtrat hatten ihm SPD und Grüne Inkompetenz vorgeworfen. Hinzu kamen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn. Er soll interne und damit vertrauliche Sitzungen zum Archiveinsturz illegal mitgeschnitten haben.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen Paragraf 201 des Strafgesetzbuches, in dem es um die "Verletzung der Vertraulichkeit des Worts" geht. Darin ist auch der Umgang mit Tonbandaufzeichnungen in nicht-öffentlichen Sitzungen geregelt. Technische Probleme beim U-Bahn-Bau gelten als wahrscheinlichste Ursache für den Archiveinsturz.

Schramma, 61, ist seit neun Jahren im Amt. In einer repräsentativen Umfrage, die der "Kölner Stadt-Anzeiger" und der Kölner "Express" vorab veröffentlichten, gaben in der vergangenen Woche nur noch 37,6 Prozent der Befragten an, bei der OB-Wahl für Amtsinhaber Schramma zu stimmen. 50 Prozent sprachen sich für Schrammas Herausforderer Jürgen Roters (SPD), 12,4 Prozent für einen anderen Kandidaten aus. Der frühere Polizei- und Regierungspräsident Roters (SPD) ist gemeinsamer Kandidat von SPD und Grünen.

Weiter unter Druck geriet Schramma durch einen Bericht im neuen SPIEGEL: Der OB hatte beklagt, dass ihm nach dem Einsturz Protokolle von Baustellenbesprechungen vorenthalten wurden, in denen der mutmaßliche Grundbruch im September verzeichnet war. Gegen seinen Baudezernenten, der ihm die Protokolle verschwiegen hatte, leitete Schramma daher ein Disziplinarverfahren ein.

Dass es solche Protokolle im Rathaus gibt, hätte der Oberbürgermeister aber selbst längst wissen können. Auch ein Vermessungstechniker hatte an den Baubesprechungen teilgenommen und die Protokolle erhalten. Grundlage dafür war ein Millionenvertrag, mit dem die KVB diese Vermessungsleistung von der Stadt eingekauft hatte. Diesen Vertrag hatte Schramma am 16. Dezember 2003 persönlich unterschrieben.

Im SPIEGEL hatte Konrad Adenauer, Enkel des früheren Bundeskanzlers, bereits Interesse an einer Kandidatur als Schramma-Nachfolger für die CDU angemeldet: "Wenn die Parteiführung auf mich zukäme, dann würde ich mir das sehr gründlich überlegen."

Historisches Archiv der Stadt Köln

ala/dpa/AFP/AP
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