Bundestag Rechtsausschuss wählt AfD-Politiker Brandner als Vorsitzenden ab

Das hat es in der Geschichte des Bundestages noch nicht gegeben - die Abgeordneten des Rechtsausschusses haben ihren Vorsitzenden abgewählt. Der AfD-Politiker Brandner war zuvor durch Provokationen aufgefallen.
AfD-Politiker Stephan Brandner twitterte hämisch über den Anschlag von Halle. Nun haben ihn seine Abgeordnetenkollegen abgewählt

AfD-Politiker Stephan Brandner twitterte hämisch über den Anschlag von Halle. Nun haben ihn seine Abgeordnetenkollegen abgewählt

Foto: Hayoung Jeon / EPA-EFE / REX

Stephan Brandner (AfD) ist nicht länger Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestag. Das entschieden die Abgeordneten von CDU/CSU, SPD, FDP, Grünen und Linken am Mittwochvormittag in ihrer Ausschusssitzung.

Den Vorsitz hat nun Brandners bisheriger Stellvertreter Heribert Hirte (CDU) übernommen. Die Leitung des Rechtsausschusses steht der AfD zu, die Partei hat aber entschieden, vorerst keinen neuen Ausschussvorsitzenden vorzuschlagen. Die Abwahl ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Bundestages - ein Ausschussvorsitzender war noch nie abgewählt worden.

Nach der Entscheidung gaben die Obleute mehrerer Parteien des Rechtsausschusses kurze Statements ab. Marco Buschmann erklärte für die FDP-Fraktion, Brandner sei für das Amt "nicht geeignet". Die Kritik Brandners, seine Absetzung sei unrechtmäßig, nannte Buschmann falsch. Eine Absetzung gebe es zum ersten Mal in 70 Jahren Parlamentsgeschichte, sie sei aber "unstrittig". Der stellvertretende rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak, sagte: "Die Abberufung von Brandner ist ein klares Signal gegen Hetze und Hass - wir geben dem Amt damit endlich seine Würde zurück."

Vor der entscheidenden Sitzung stellte sich Brandner als Opfer der "Altparteien" dar - ein abschätzig gemeinter Begriff, den Rechtspopulisten der AfD für alle politischen Parteien benutzen, außer für die eigene.

Brandner hatte Rücktritt abgelehnt

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland sprach von einer "Zumutung für die Demokratie" und einem "Tabubruch". Nach der Sitzung warf Brandner seinen Kollegen vor, sie hätten "Unwahrheiten" über ihn verbreitet. Die anderen Parteien hätten sich "blamiert", weil sie ihn "weghaben wollten". Er sei nicht der schlechteste Vorsitzende des Ausschusses in 70 Jahren gewesen. "Ich vermute mal, ich war der Beste." Gesucht sei offenbar ein "Schiedsrichter" gewesen, er aber sei "Mittelstürmer".

Der AfD-Politiker aus Thüringen hatte nach dem Terroranschlag in Halle auf ein jüdisches Gotteshaus, bei dem der Attentäter zwei zufällig angetroffene Passanten tötete, einen Tweet weiterverbreitet, in dem es hieß, Politiker würden bei Gedenkveranstaltungen in Moscheen und Synagogen "rumlungern", dabei seien die Opfer doch Deutsche gewesen. In einem weiteren eigenen Tweet zu Halle nannte Brandner den jüdischen Publizisten und Anwalt Michel Friedman "deutschen Michel". In Bezug auf die Halle-Tweets räumte Brandner nun ein, sie seien "unglücklich" gewesen.

Nach den Halle-Tweets hatten Abgeordnete aller Fraktionen außer der AfD Brandner für untragbar erklärt und seinen Rücktritt gefordert, was dieser aber ablehnte. Daraufhin beschlossen sie seine Abwahl, nachdem der Geschäftsordnungsausschuss des Bundestags zuvor erklärt hatte, dass dies nach den geltenden Regeln zulässig sei.

Zuletzt hatte Brandner die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an den AfD-kritischen Musiker Udo Lindenberg als "Judaslohn" verunglimpft. Lindenberg habe den Preis erhalten, weil er gegen die AfD eingestellt sei. Diese Wortwahl verteidigte Brandner auch nach seiner Absetzung als Vorsitzender des Rechtsausschusses erneut.

cht/mes/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren