Steuersenkungen Opposition wettert gegen Kirchhof-Konzept

Union und FDP sind angetan von Paul Kirchhofs Steuerkonzept - die Opposition allerdings lehnt es ab. Grüne und Linke sehen in dem Modell vor allem größere Vorteile für Besserverdiener. Die SPD nannte die Pläne unzureichend.

Berlin - Das neue Steuerkonzept des früheren Bundesverfassungsrichters Paul Kirchhof trifft in den Reihen von Union und FDP auf Zustimmung, bei der Opposition dagegen auf Widerstand. Der Verfasser selbst zeigte sich am Dienstag optimistisch, dass seine Vorschläge für einen einheitlichen Einkommensteuertarif umgesetzt werden. Eine rasche Entscheidung zur Steuerpolitik ist aber nicht absehbar - auch unabhängig von Kirchhofs Vorschlägen.

FDP-Fraktionsvize Volker Wissing sagte, "im Kern" stimmten Kirchhofs Vorschläge mit den Überlegungen seiner Partei überein. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) erklärte in der "Mitteldeutschen Zeitung", es spreche nichts dagegen, Kirchhofs Modell aufzugreifen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) äußerte sich ebenfalls positiv. Wichtig sei aber, dass Steuervereinfachungen nicht zu Mindereinnahmen der Länder führten.

Dagegen erklärte der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU), Menschen mit niedrigerem Einkommen würden durch Kirchhofs Vorschläge stärker belastet als Besserverdiener. Wenn man anfange nachzurechnen, werde das Modell desillusionierend.

Ähnlich kritisch äußert sich auch die Opposition. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin sagte, das Kirchhof-Modell "würde noch stärker dazu führen, dass Besserverdienende im erheblichen Maße entlastet werden". Die steuerpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Barbara Höll, nannte es "ein Steuersparmodell für Millionäre". Wenn sich die Koalition darauf festlege, könne sie sich "alles Gerede über eine Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen sparen", sagte Höll am Dienstag.

Auch die Sozialdemokraten lehnen das Kirchhof-Steuermodell ab. Die SPD werde an ihrem Konzept eines progressiven Steuerverlaufs festhalten, sagte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier am Dienstag in Berlin. "Unsere Vorstellung ist und bleibt, dass wir die Besteuerung auch nach dem Maß richten sollten, was jeder tragen kann", sagte er und fügte hinzu, die schwarz-gelben Steuersenkungspläne seien unzureichend und unglaubwürdig.

Das Bundesfinanzministerium dämpfte allerdings die Hoffnung auf eine spürbare Entlastung ab 2013. "Die Erwartungen, die im Moment von einigen Stimmen geweckt werden, sind überzogen und haben das Potential, zu Enttäuschungen zu führen, wenn sie dann nicht erfüllt werden können", sagte Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU) der "Rheinischen Post".

FDP-Finanzexperte Hermann-Otto Solms dagegen warf Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor, Spielräume für Steuersenkungen zu verschenken. Schäuble habe den Kommunen fast vier Milliarden Euro für die Grundsicherung zur Verfügung gestellt, ohne im Gegenzug eine Gewerbesteuerreform durchzusetzen, sagte Solms den "Stuttgarter Nachrichten". Damit würden Spielräume mutwillig verspielt.

Schnell dürfte es jedenfalls nicht zu einer Steuerreform kommen: CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erwartet erst im Herbst eine Entscheidung der Koalition über eine Einkommensteuersenkung. Zunächst müssten belastbare Daten vorliegen. Sie plädierte "für eine saubere, gute Vorbereitung und nicht für einen Schnellschuss."

Kirchhof zeigte sich hoffnungsfroh, dass am Ende sein Konzept umgesetzt wird. Es müsse zunächst gelingen, Bevölkerung und Medien von den Vorteilen zu überzeugen. Dann werde auch die Politik "auf dieses Pferd setzen", sagte er im Deutschlandfunk.

Kirchhof hatte am Montagabend seinen Entwurf für ein Bundessteuergesetzbuch vorgestellt. Es sieht einen einheitlichen Satz von 25 Prozent bei der Einkommensteuer vor - unabhängig von der Lohnhöhe. Zugleich sollten alle 534 Ausnahmetatbestände und Steuerprivilegien abgeschafft werden, sagte Kirchhof. Sein Modell wirke "aufkommensneutral" und sozial ausgewogen.

ffr/dapd/dpa
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