Streit im Ältestenrat Köhler attackiert Koalition wegen Aufweichung der Hartz-Reformen

Bundespräsident Köhler wirft den Regierungsparteien Prinzipienlosigkeit vor: Bei einem vertraulichen Gespräch im Ältestenrat hielt er der SPD vor, die Hartz-Reformen nur aus Machttaktik aufgeweicht zu haben. Sachpolitisch sei die von der Koalition beschlossene Korrektur falsch gewesen.

Bei der Begegnung am vorvergangenen Mittwoch im Schloss Bellevue wollte sich Köhler nach Informationen des SPIEGEL mit den Parlamentariern zum Thema Demokratieverdrossenheit austauschen. In seinem Statement attackierte das Staatsoberhaupt massiv die beschlossenen Änderungen an der Agenda 2010. Unter Bezug auf Politikwissenschaftler hielt er der SPD vor, in erster Linie machtpolitisch agiert zu haben – um die Linke einzudämmen. Sachpolitisch sei die längere Auszahlung des Arbeitslosengeldes I an Ältere aber falsch.

Dies wies Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) mit scharfen Worten zurück: Es gebe massive Ungerechtigkeitserfahrungen, auf die die Politik reagieren müsse. Ein anderer Sozialdemokrat verwies auf die Union, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers habe schließlich zuvor die Korrektur verlangt.

Auch der CDU-Abgeordnete Norbert Röttgen verteidigte die Änderungen beim Arbeitslosengeld, erst sie hätten für die Akzeptanz der Arbeitsmarktreform gesorgt. Köhler fühlte sich offenbar bedrängt und verteidigte sich gegen den Vorwurf, er trage zur Politikverdrossenheit bei.

Teilnehmer beschreiben die Stimmung des Treffens gegenüber dem SPIEGEL als eisig. Es gebe deutliche Zeichen der Entfremdung zwischen Präsident und Parlament. Köhler argumentiere "unpolitisch", so ein Abgeordneter. Besonders verärgert zeigten sich die Sozialdemokraten. Köhler habe mit diesem Abend seine Chancen auf eine zweite Amtszeit nicht gerade vergrößert, hieß es. Seine erste Amtszeit läuft im kommenden Jahr aus.

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