Streit über Atomwaffen-Abrüstung Westerwelle legt sich mit Clinton an

Außenminister Westerwelle: Washington ist wenig begeistert
Foto: THOMAS PETER/ REUTERSBerlin - Der Brief trägt eine Brüsseler Adresse, aber der eigentliche Empfänger sitzt in Washington. Die müsse bei ihrem Treffen im April in Estland darüber diskutieren, wie man dem Ziel einer Welt ohne Nuklearwaffen näher kommen könne, heißt es in dem Schreiben an Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, das dem SPIEGEL vorliegt und das in den kommenden Tagen verschickt werden soll.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle
Es ist von und seinen Amtskollegen aus den Beneluxstaaten und aus Norwegen verfasst worden.
Das Treffen in Tallin sei eine Gelegenheit, umfassend über die Fragen der zu reden, heißt es. Hintergrund ist die Forderung Westerwelles, die noch verbleibenden etwa zwanzig amerikanischen Atombomben vom Typ B-61 aus Deutschland abzuziehen. Sicherheitspolitiker der Union kritisierten, Westerwelle verärgere die Amerikaner, um innenpolitisch Punkte zu machen.
Amerika warnt Europa
US-Außenministerin Hillary Clinton
In Washington ist man über Westerwelles Vorstoß wenig begeistert. In einer Grundsatzrede hatte die Europäer zu Wochenbeginn davor gewarnt, die nukleare Abschreckung in Frage zu stellen. Sie wisse, dass es in Europa "selbst bei einigen der führenden Mitgliedsländer eine Debatte darüber gibt, was das bedeutet", sagte sie, ohne Deutschland beim Namen zu nennen. "Wir hoffen, dass es keine voreiligen Abrüstungsschritte gibt, die unsere Abschreckungsfähigkeit unterminieren würde."
Der frühere Nato-Generalsekretär George Robertson kritisierte die deutsche Position in scharfen Worten. Es sei unverantwortlich, dass Deutschland unter dem atomaren Schutzschild der Amerikaner bleiben wolle, während es die Verpflichtung, diesen aufrechtzuerhalten, auf andere übertrage, heißt es in einem von Robertson verfassten Bericht.
Die Amerikaner haben die Sorge, dass Länder wie die Türkei über eigene Atomwaffen nachdenken würden, wenn die US-Bomben aus Europa abgezogen würden. Außerdem wollen sie den Abzug nicht ohne Gegenleistungen der russischen Seite.
In der Umgebung Westerwelles heißt es dagegen, die amerikanischen in Deutschland erfüllten keinen militärischen und politischen Sinn mehr. Sie seien daher überflüssig. Das Thema war in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP heftig umstritten. Im Koalitionsvertrag heißt es, die Bundesregierung werde "sich im Zuge der Ausarbeitung eines strategischen Konzeptes der Nato" dafür einsetzen, dass die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen würden.