Streit über Waffen Schröder liefert Israel Patriot-Raketen

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Israel zugesagt, Abwehrraketen vom Typ Patriot zu liefern. Über eine ähnliche Anfrage der USA soll demnächst entschieden werden.

Berlin - Schröder kündigte in der "Zeit" an: "Wenn die israelische Regierung diesen Zuwachs an Sicherheit braucht, werden wir helfen - und zwar rechtzeitig. Das gebietet unsere historische und moralische Pflicht." Der Kanzler fügte hinzu, das System Patriot sei rein defensiv: "Es bietet Schutz gegen Raketenangriffe. Die Sicherheit des Staates Israel und seiner Bürger ist uns überragend wichtig."

In der Koalition war schon zuvor signalisiert worden, eine Zustimmung zu der israelischen Anfrage sei gut möglich. Eine Lieferung der Raketen würde in der Kontinuität deutscher Außenpolitik liegen, die stets der sicheren Existenz Israels verpflichtet sei. Dies gelte auch für eine mögliche Bedrohung des Staates im Falles eines Irak-Kriegs. Der Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Einem Sicherheitsbegehren Israels wird man sich nicht grundsätzlich verschließen können", zumal es sich bei den Patriots um Defensivwaffen handele.

SPD-Außenexperte Gernot Erler sagte im NDR, eine Lieferung der Raketen sei keine Beteiligung an einem Krieg gegen den Irak: "Israel ist ja nicht einer der Kriegspartner, sondern wäre hier ein drittes Land, was durch den Krieg unter Umständen in Mitleidenschaft gezogen wird." Die Anfrage bestätige die Position der Bundesregierung, die einen Krieg gegen Irak immer auch mit der Gefahr für Israel begründet habe.

Verteidigungsminister Peter Struck berichtete, bereits vor zwei Jahren sei die Bitte Israels um die Bereitstellung von Patriot-Luftabwehrraketen "generell bejaht" worden. In der vergangenen Woche sei die israelische Anfrage konkretisiert worden, nun werde in Berlin entschieden, "ob und wann die Waffen zur Verfügung gestellt werden", sagte Struck.

Nach israelischen Angaben hat die vor über einem Jahr eingereichte Anfrage durch den möglichen Irak-Krieg neue Bedeutung bekommen. Ein Sprecher der Botschaft Israels in Berlin sagte: "Israel hat vor mehr als einem Jahr eine Anfrage nach Luftabwehr-Raketen des Typs 'Patriot' gestellt, die von der Bundeswehr als Überschuss erklärt wurden. Die Anfrage, die damals keinen Bezug zur Situation im Irak hatte, hat heute eine aktuelle Bedeutung", sagte er weiter. Deutschland hatte Israel schon im Golfkrieg von 1990/91 solche Raketen geliefert, allerdings keine Soldaten als Besatzung entsandt. Israel verfügt selbst über Patriots und könnte durch den Kauf der deutschen Raketen seinen Bestand aufstocken. Die Lieferung von Rüstungsgütern nach Israel muss vom Bundessicherheitsrat genehmigt werden. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef und Vertreter des linken Flügels, Michael Müller, bezeichnete die Anfrage jedoch als heikel. Sie bringe die Koalition in eine schwierige Situation. Die Anfrage könnte "nicht einfach mit Abnicken" beantwortet werden. Bei anderen SPD-Linken wurde sie als unproblematisch gewertet. Schwierig werde es nur, wenn die USA Raketen aus Israel für den Irak-Krieg abziehen würden und die deutschen Raketen sozusagen als Ersatz dienten.

Bundeswehr warnt vor Zick-Zack-Kurs


US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld war über die Raketenanfrage aus Israel an die Bundesregierung nicht im Bilde. Das sagte er am Dienstag vor der Presse in Washington. Er machte damit indirekt klar, dass es bei der US-Anfrage um deutsche Unterstützung im Falle eines Irak-Kriegs um andere Hilfsleistungen geht. Struck sagte, er werde am Mittwoch die Fraktionen über die Anfrage der USA nach deutscher Unterstützung bei einem Irak-Krieg informieren. "Die Amerikaner haben bestimmte Bitten geäußert. Die sind in manchen Punkten nicht ganz klar. Das wird in den nächsten Tagen zu klären sein." Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte bereits indirekt Überflugrechte und die Nutzung von Militärbasen in Deutschland in Aussicht gestellt.

Union und FDP forderten die Bundesregierung auf, endlich ihre Position zu den Anfragen der USA und Israels klar zu stellen. CSU-Chef Edmund Stoiber forderte: "Der Kanzler muss (...) das Verwirrspiel der letzten Tage sofort beenden."

In deutschen Militärkreisen wird angeblich seit Wochen vor einem Zick-Zack-Kurs der Bundesregierung gewarnt. Deutschland könne nicht ohne dramatischen Ansehensverlust die Soldaten und Panzer aus Kuweit abziehen, wenn die USA sie im Notfall brauchen. Dann wäre es besser, sie seien gar nicht dort. Rumsfeld wird mit den Worten zitiert, die Deutschen sollten sich bald entscheiden, damit die Panzer im Ernstfall nicht im Weg rumstehen.

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