Streit um Ehrung für Felicia Langer Arno Hamburger gibt Verdienstkreuz aus Protest zurück

Der Streit schwelt seit Wochen: Bundespräsident Köhler hatte der Israel-Kritikerin Felicia Langer das Bundesverdienstkreuz verliehen - und einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Jetzt will der dienstälteste Vorsitzende einer deutschen jüdischen Gemeinde eine Klärung des Falles erzwingen.
Von Henryk M. Broder
Arno Hamburger, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde: "Keine Reaktion aus Berlin"

Arno Hamburger, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde: "Keine Reaktion aus Berlin"

Foto: A3609 Daniel Karmann/ dpa

Berlin - Der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg, Arno Hamburger, 86, hat das ihm von Bundespräsident Karl Carstens im Jahre 1980 verliehene Bundesverdienstkreuz an Bundespräsident Horst Köhler zurückgeschickt. Hamburger, der auch SPD-Stadtrat in Nürnberg ist, protestierte damit gegen die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse an die in Tübingen lebende, ehemalige israelische Rechtsanwältin Felicia Langer, die vom Bundespräsidenten Köhler für ihren Einsatz "für Frieden und Gerechtigkeit sowie für die Wahrung der Menschenrechte" geehrt wurde.

Langer, die auch dem Zentralkomitee der israelischen Kommunistischen Partei angehörte, bevor sie kurz nach dem Fall der Mauer in die Bundesrepublik übersiedelte, hat sich vor allem im linken antizionistischen Milieu als "Israel-Kritikerin" einen Namen gemacht, indem sie Israel vorwarf, sich im Umgang mit den Palästinensern der gleichen Methoden zu bedienen, die von den Nazis gegenüber den Juden praktiziert wurden.

In einem Interview mit der "Nürnberger Zeitung" sagte Hamburger: "Diese Frau hat in 'Stürmer'-Manier Israel verleumdet und schlechtgemacht." Besonders verbittert zeigte sich Hamburger darüber, dass er auf ein Schreiben, mit dem er Bundespräsident Köhler am 24. Juli bat, seine Entscheidung zu überdenken, bis Ende August "keine Reaktion aus Berlin" bekommen habe. "Nicht einmal zwei Zeilen, nichts. So lasse ich nicht mit mir umspringen", sagte Hamburger der Zeitung.

Im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE erklärte Hamburger, er sei "eher traurig als wütend", nicht nur der Bundespräsident, auch der Zentralrat der Juden habe in dieser Sache versagt: "Ich komme mir vor wie Don Quijote."

Auch das New Yorker und das Berliner Büro des American Jewish Committee sowie die Anti-Diffamation League warten bis jetzt vergeblich auf eine Stellungnahme von Präsident Köhler, warum er im Widerspruch zur offiziellen Politik der Bundesrepublik eine "Israel-Kritikerin" mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet hat, die dem iranischen Präsidenten Ahmadinedschad bestätigt hatte, er habe in seiner Rede bei der Uno-Antirassismuskonferenz in Genf am 21. April 2009 "die Wahrheit" gesagt.

Ahmadinedschad hatte unter anderem behauptet, die Westmächte hätten den Holocaust als Vorwand zur Vertreibung der Palästinenser und zur Installation eines rassistischen Regimes in Palästina missbraucht.

Hamburgers Aktion hat inzwischen zu einer Reaktion aus dem Bundespräsidialamt geführt. Martin Kothé, der Sprecher des Präsidenten, verlautbarte, Hamburgers Brief vom 24. Juli sowie "kritische Stellungnahmen von Bürgerinnen und Bürgern zum Gesamtvorgang" würden "selbstverständlich beantwortet werden", der Versand stehe "unmittelbar bevor". Zugleich bat Köhlers Sprecher um "Verständnis dafür, dass wir in Ordensangelegenheiten der Presse gegenüber grundsätzlich keine Stellungnahmen abgeben können".

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