Streit um Steinbach CSU warnt Westerwelle vor Belastung der Koalition

Vertriebenenpräsidentin Steinbach: "Honoriger Vorschlag"
Foto: RALPH ORLOWSKI/ REUTERSBerlin - reicht Außenminister die Hand: Das ist der Eindruck, den die Präsidentin des Bundesverbands der Vertriebenen (BdV) offenbar mit ihrem Vorschlag erreichen will: Verzicht auf ihren Sitz im Stiftungsrat des , dafür mehr Einfluss für ihren Verband und weniger für die Bundesregierung. Nun ist FDP-Chef Westerwelle am Zug, der die Berufung Steinbachs bisher blockiert hatte.
Das sieht man zumindest bei der CSU so. "Das ist ein honoriger Vorschlag, der es jedem leicht machen müsste, zuzustimmen", sagt CSU-Generalsekretär zu SPIEGEL ONLINE.
Doch so leicht dürfte es FDP-Chef Westerwelle nicht fallen. Denn Steinbachs Vorstoß mutet weniger als ein Kompromissvorschlag denn als ein Forderungskatalog an. Sie will...
- ...die Lösung der Stiftung aus der Trägerschaft des Deutschen Historischen Museums,
- ...die Aufstockung der bisher drei BdV-Sitze im Stiftungsrat,
- ...kein Veto-Recht des Bundeskabinetts bei deren Besetzung,
- ...eine vergrößerte Ausstellungsfläche.
De facto hieße diese Änderung des Stiftungsgesetzes: Steinbach tauscht den bisher für sie reklamierten, formal wenig bedeutenden Sitz im Rat ein gegen erhebliche Einflussmehrung des BdV. Es wäre ein großer Erfolg für ihren Verband.
SPD: Gefährdung der europäischen Versöhnung
Schon spricht SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier vom "Täuschungsmanöver" und einem "Steinbach-Diktat", dem sich nicht beugen dürfe. Die Vertriebenenpräsidentin wolle nun "im Nachhinein die alten Maximalforderungen" durchsetzen. Dabei sei das Gesetz über die Gründung der Stiftung ein "sorgsam ausgehandelter Kompromiss".
Die Erinnerung an das Unrecht der Vertreibung werde dadurch wachgehalten und zugleich würden die Gefühle der osteuropäischen Nachbarn geachtet: "Wer diesen Kompromiss aufkündigt, gefährdet die europäische Versöhnung und erweist der Sache der Vertriebenen einen Bärendienst", sagt Steinmeier. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) nannte Steinbachs Forderungen im "Tagesspiegel" einen "erpresserischen Versuch, das Anliegen der Stiftung in ihrem Sinne zu verändern".
CSU-Mann Dobrindt nennt Steinmeiers Äußerungen "übles Nachtreten". Der Fraktionschef versuche damit "die Fortsetzung der persönlichen Diskriminierung von Frau Steinbach". Die SPD habe "schon immer eine fragwürdige Rolle in dieser Debatte" gespielt. "Das unglückliche Stiftungsgesetz mit dem darin verankerten starken Einfluss des Kabinetts statt der vollständigen Autonomie des BdV ist auf die falsche Politik der SPD zurückzuführen", erklärt Dobrindt.
Und der CSU-Landesgruppenvorsitzende Hans-Peter Friedrich ergänzte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Steinbachs Vorschläge kämen "dem sehr nahe, was die Union ursprünglich in der Großen Koalition erreichen wollte". Es biete sich jetzt die Chance, die Stiftung auf eine ganz neue Grundlage zu stellen. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) signalisierte ebenfalls Zustimmung. "Wir werden uns die Vorschläge im Detail ansehen, und für den Unionsteil kann ich sagen, wir werden ihn wohlwollend prüfen und am Ende auch unterstützen", sagte er im ARD-"Morgenmagazin".
"Belastung der Koalition"
Was aber ist von den FDP-Vertretern in der Regierung zu erwarten? Man gibt sich zurückhaltend. Westerwelle selbst sagte bislang nur zu, den Vorschlag "konstruktiv prüfen" zu wollen. Fraktionschefin Birgit Homburger sagte, es sei gut, dass Steinbach "das Signal gegeben hat, dass sie nicht weiter auf einen Sitz in der Stiftung besteht". Die Koalition werde den Vorschlag "in aller Ruhe prüfen".
Konkretes dagegen von Werner Hoyer, Europaminister im Auswärtigen Amt. Der FDP-Mann lehnt die Steinbach-Forderung nach einem weitgehenden Rückzug des Bundes aus der Vertriebenenstiftung ab: "In der Stiftung stehen Ausgleich und Versöhnung im Vordergrund. Deshalb kann sich der Bund nicht aus der Verantwortung zurückziehen."
Möglich scheint: Westerwelles Bedenken bei seiner bisherigen Ablehnung der Personalie Steinbach mit Blick auf die deutsch-polnischen Beziehungen könnten sogar im Falle eines Steinbach-Rückzugs nicht ausgeräumt sein. Denn müsste er diesen Rückzug mit dem Einbüßen seines Veto-Rechts bezahlen, hätte er bei aus seiner Sicht vergleichbar problematischen Fällen in der Zukunft keine Chance mehr zur Intervention.
Die CSU derweil macht Druck. "Ein klares Angebot erfordert eine klare Antwort", stellt Generalsekretär Dobrindt fest: "Ein weiteres Hinhalten des BdV durch die FDP wäre eine echte Belastung der Koalition."