Streit um Wahlrecht SPD-Spitze will Koalition treu bleiben
Frankfurt am Main - Im Streit um eine Änderung des Wahlrechts strebt die SPD nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa keinen Bruch des Koalitionsvertrags mit der Union an. Die Sozialdemokraten seien "selbstverständlich vertrags- und koalitionstreu", hieß es am Montag aus der SPD-Spitze.

Frank-Walter Steinmeier, Franz Müntefering: Unionstreu bis zur Wahl
Foto: DDPAllerdings müsse die Union erklären, warum sie das Risiko eingehen wolle, ein vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuftes Wahlrecht für die nächste Bundestagswahl anzuwenden. Dies könne zur Belastung für die Demokratie werden.
Zuvor hatte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann einen Bruch des Koalitionsvertrages angedroht. Oppermann schloss im Gespräch mit der "Frankfurter Rundschau" nicht aus, dass seine Fraktion an diesem Freitag im Bundestag für einen Gesetzesantrag der Grünen zur Änderung des Wahlrechts stimmen könne.
Der Antrag ist fast identisch mit einem früheren Entwurf der SPD, der aber vom Koalitionspartner Union nicht mitgetragen wurde. Er hege "große Sympathien" für das Vorhaben, sagte Oppermann der Zeitung. Ein Mitglied des SPD-Präsidiums sagte der Zeitung, die Parteispitze befinde sich derzeit in einem "Abwägungsprozess". Auch nach Informationen der dpa war noch offen, wie sich die Abgeordneten bei der Abstimmung am Freitag im Bundestag verhalten. Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und Union verlangt ein gemeinsames Abstimmungsverhalten der beiden Regierungspartner.
Nach SPIEGEL-Informationen könnten die Überhangmandate bei der kommenden Bundestagswahl der Union zusammen mit der FDP den Sieg sichern. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erzielt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zufallen würden.
SPD-Chef Franz Müntefering hatte in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Änderung des Wahlrechts noch vor der Bundestagswahl angemahnt. Es sei "unerträglich" und für die Demokratie "schädlich", wenn das nächste Parlament auf der Basis von Regelungen zusammengesetzt werde, die das Bundesverfassungsgericht im Juli 2008 als grundgesetzwidrig bezeichnet habe. Das Karlsruher Gericht hatte dem Parlament für die Änderung eine Frist bis Mitte 2011 gesetzt.