Stuttgart 21
Grün-Rot will Volksentscheid mit Trick erreichen
Die Landesregierung in Baden-Württemberg setzt weiter auf einen Volksentscheid zu S21 - und will dies mit einem Trick erreichen: Das Kabinett billigte einen Gesetzentwurf, den Grün-Rot im Landtag bewusst scheitern lassen will. Dann sollen die Bürger im Südwesten entscheiden.
Vize-Regierungschef Schmid, Ministerpräsident Kretschmann: Wie weiter mit S21?
Foto: Bernd Weissbrod/ dpa
Stuttgart - Die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg hat die ersten formalen Voraussetzungen für einen
Volksentscheid über das umstrittene Bahn-Projekt
Stuttgart 21 geschaffen. Das Kabinett beschloss mehrheitlich einen Gesetzentwurf, mit dem das Land den Finanzierungsvertrag für das Milliardenprojekt kündigen kann. Das teilte die Landesregierung am Dienstag mit. Dem Gesetzentwurf hätten im Kabinett alle Grünen-Minister sowie Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) zufolge zugestimmt.
Die Koalitionäre wollen das Gesetz nach der Sommerpause im Landtag gezielt scheitern lassen. Anschließend können die Bürger in einem Volksentscheid über die Zukunft des Projekts abstimmen. Dies werde voraussichtlich im November geschehen.
Beide Koalitionspartner hatten sich auf diesen Weg geeinigt, da die Grünen gegen das Projekt, die Sozialdemokraten aber mehrheitlich dafür sind. Die Grünen begründeten den Schritt mit immer neuen Kostenrisiken. "Vor diesen Kostensteigerungen wollen wir den Steuerzahler bewahren", da der Nutzen in keinem Verhältnis zum finanziellen Aufwand stünden, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne).
Die Kosten des geplanten unterirdischen Durchgangsbahnhofs wurden zuletzt auf 4,1 Milliarden Euro sowie eine Risikoreserve von 400 Millionen Euro beziffert. Bei Planungsbeginn 1995 waren rund 2,55 Milliarden Euro (fünf Milliarden Mark) veranschlagt worden.
Unter Juristen ist umstritten, ob der Ausstieg aus der Finanzierungszusage des Landes tatsächlich über einen Volksentscheid entschieden werden kann. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hält solch einen Weg für möglich. Nach einer gescheiterten Verfassungsänderung müssen 2,6 Millionen Wahlberechtigte zur Abstimmung kommen. Die Volksabstimmung hatte ursprünglich die SPD in ihrem Wahlprogramm versprochen. Gegen Stuttgart 21 protestieren Tausende Bürger seit mehreren Jahren.