Prozess in Stuttgart Paar versandte Drohbriefe an Politiker – über zwei Jahre Haft

Angeklagte im Saal des Stuttgarter Landgerichts
Foto: Marijan Murat / dpaDie Empfänger waren prominent, die Drohbriefe stets im selben Muster verfasst: Unter Androhung von Gewalt forderte ein mutmaßlich linksextremes Paar aus Stuttgart von den Adressaten vorgebliche Missstände in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen zu beseitigen. Beigelegt waren oft Platzpatronen, Streichhölzer, Grillanzünder oder Messer, unterzeichnet waren die Schreiben im Namen eines »Kollektivs der Revolutionären Aktionszellen«. Nun hat ein Stuttgarter Gericht die beiden 39-Jährigen zu jeweils zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt.
Die Kammer warf den beiden 39-Jährigen am Dienstag in Stuttgart unter anderem versuchte Nötigung, Bedrohung und versuchte Sachbeschädigung in zahlreichen Fällen vor. Die Drohschreiben gingen unter anderem an Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Innenminister Horst Seehofer (CSU) sowie an Behörden, Gerichte und Ministerien.
Brandanschlag auf die Bundesagentur für Arbeit misslang
Zudem waren die beiden wegen eines versuchten Brandanschlags auf die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg angeklagt, der aber misslang. Auch den Fleischfabrikanten Clemens Tönnies hatten sie wohl im Visier. An seinem Anwesen in Rheda-Wiedenbrück in Westfalen legten sie Brandsatzzubehör ab, um ihm zu drohen. Die Staatsanwaltschaft wertete dies als Verabredung zu einer besonders schweren Brandstiftung.
Das Gericht folgte dieser Sichtweise nicht. Es wertete den Anschlagsversuch auf die Bundesagentur in Nürnberg als versuchte Sachbeschädigung, nicht als versuchte Brandstiftung. Das demonstrative Zurücklassen der Bauteile des Brandsatzes am Tönnies-Grundstück stuften sie als Bedrohung ein.
Die Drohschreiben des in Stuttgart gemeldeten Duos waren in fünf Wellen zwischen Dezember 2019 und Oktober 2020 verschickt worden. Das Paar hatte unter anderem aufgefordert, politische Häftlinge freizulassen und Schwarzfahrer nicht länger zu verfolgen.
Auf die Spur gekommen waren die Ermittler den beiden unter anderem durch Videoaufzeichnungen an einem Tatort. Zudem waren DNA-Spuren an Drohschreiben und Tatorten gefunden worden. Das Duo war zuvor nicht wegen politisch motivierter Straftaten aufgefallen. Es hatte unter anderem in Stuttgart gewohnt, war aber zuletzt ohne festen Wohnsitz. Der Mann und die Frau wurden im Oktober 2020 festgenommen.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es in der Überschrift, die Angeklagten seien auch wegen eines Brandanschlags verurteilt worden. Tatsächlich scheiterte die Tat, das Gericht wertete dies daher nur als versuchte Sachbeschädigung. Wir haben die entsprechenden Stellen daher angepasst.