Stuttgarter Landtag Eklat bei Abstimmung über EnBW-Einstieg

Der Landtag in Stuttgart hat den Wiedereinstieg des Landes bei EnBW mit den Stimmen von CDU und FDP gebilligt - unter scharfen Protesten der Opposition: Grüne und SPD verließen den Saal. Sie sehen bei dem Deal die Rechte des Parlaments verletzt und werfen Regierungschef Mappus Machtmissbrauch vor.
BaWü-Regierungschef Mappus: In der Kritik wegen überraschenden EnBW-Wiedereinstiegs

BaWü-Regierungschef Mappus: In der Kritik wegen überraschenden EnBW-Wiedereinstiegs

Foto: Ronald Wittek/ picture alliance / dpa

Stuttgart - Aufregung im Stuttgarter Landtag: Aus Protest gegen die Geschäftsabwicklung zum Wiedereinstieg des Landes Baden-Württemberg beim Energieversorger EnBW haben die Abgeordneten von SPD und Grünen den Saal verlassen.

Sie warfen Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) vor, die Rechte des Parlaments verletzt zu haben. Er stelle Aktienrecht über Landesverfassungsrecht, indem er die Zustimmung des Landes im Nachhinein einhole, ohne dass dies noch Auswirkungen auf den Vertrag haben könnte, argumentierte die Opposition. Die Mehrheit der Regierungsfraktionen aus CDU und FDP stimmte dem Kauf und damit einer 5,9-Milliarden-Bürgschaft des Landes zu.

Landeschef Mappus hatte am 6. Dezember überraschend bekanntgegeben, dass das Land jene 45 Prozent an der EnBW zurückkaufen wolle, die der französische Energiekonzern EDF vor zehn Jahren erworben hatte. Die Kosten hatte er mit 4,67 Milliarden Euro beziffert. Am Dienstag wurde bekannt, dass das Land inklusive der notwendigen Garantien mit maximal 5,9 Milliarden Euro kalkulieren muss. Diese werden aber nur fällig, wenn das Land den Aktienanteil freier Aktionäre von etwa zehn Prozent übernehmen muss.

Mappus steht auch in der Kritik, weil er den EnBW-Deal von der Bank Morgan Stanley organisieren ließ, mit deren Deutschland-Chef Dirk Notheis er eng befreundet ist. Notheis ist außerdem Mitglied des CDU-Landesvorstands.

Mappus hatte vor der Abstimmung zum EnBW-Wiedereinstieg im Landtag sein Vorgehen verteidigt. Er erkenne an, dass dieses Verfahren auch aus dem Selbstverständnis engagierter Landtagsabgeordneter die Ausnahme bleiben müsse, räumte er ein. Einen Parlamentsvorbehalt habe die EDF aber ausdrücklich abgelehnt. Der Ministerpräsident hatte sich auf Artikel 81 der Landesverfassung gestützt, wonach der Finanzminister "im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses" über außerplanmäßige Ausgaben entscheiden und die Zustimmung des Landtags nachträglich einholen kann.

SPD-Fraktionsvizechef und Spitzenkandidat Nils Schmid hielt Mappus entgegen: "Die Beratungen im Landtag sind nichts anderes als ein Placebo." Selbst wenn der Landtag zu 100 Prozent gegen das Gesetz wäre, werde das Geschäft gültig. "Wir werden uns das nicht gefallen lassen", sagte er. Die Frage des Parlamentsvorbehalts sei nicht eine Lappalie, die man im Gespräch über den Verkauf einfach bei Seite schieben könne.

Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann warf Mappus "Machtmissbrauch" vor. "Sie haben den Landtag in einer Weise an die Wand gespielt, die es noch nie in seiner Geschichte gegeben hat", rügte er. Mappus habe nicht das Recht, Kernkompetenzen des Landtags zu unterlaufen.

anr/dapd/dpa
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