Finanzminister Eichel will die Subventionspolitik der Bundesregierung radikal ändern - weg von den Steuernachlässen hin zu direkten Zahlungen. Die Kürzungsvorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück will er weitgehend übernehmen, sofern die Bundesregierung nicht noch tiefere Einschnitte plant.
Berlin - Steuernachlässe solle es nicht mehr geben, sagte
Hans Eichel am Mittwoch im Berlin. Wenn Subventionen nur noch als direkte
Finanzhilfen gewährt würden, stehe ihre Höhe fest und werde
ausgewiesen.
Das Kabinett hatte zuvor den Subventionsbericht für
die Jahre 2001 bis 2004 verabschiedet. Die Finanzhilfen des
Bundes und die auf den Bund entfallenden Steuervergünstigungen
werden danach von 22,8 Milliarden Euro im Jahr 2001 auf 22,3
Milliarden Euro im Jahr 2004 sinken. Bis 2007 sollen die
Finanzhilfen nochmals auf 5,4 Milliarden Euro absinken.
Bedingung sei zudem das geplante Vorziehen der nächsten Steuerreformstufe von 2005 auf 2004. Bei der Summe der Einsparungen seien die Vorschläge der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten im ersten Jahr noch etwa deckungsgleich, sagte Eichel. In den Folgejahren gehe die Schere aber auseinander. Bis 2007 gebe es nach vorläufigen Berechnungen durch die Vorschläge der Bundesregierung einen Subventionsabbau im Umfang von 48 Milliarden Euro, bei dem Koch/Steinbrück-Vorschlag seien es nur 35 Milliarden.
Eichel kündigte an, jetzt in die konkrete Gesetzesberatung eintreten zu wollen. In diesem Zusammenhang appellierte er an die Union, ein Zurück hinter das Koch/Steinbrück-Konzept dürfe es nicht geben.
Grundsätzlich erhielt das Konzept des CDU-Politikers Roland Koch und SPD-Politikers Peer Steinbrück aber viel Lob. Spitzenpolitiker aller Parteien warben für einen überparteilichen Kompromiss auf Basis der Vorschläge.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund begrüßte die Kürzungspläne als im Grundsatz richtig. Auch gegen die von Koch (Hessen) und Steinbrück (Nordrhein-Westfalen) angewandte "Rasenmäher-Methode" sei nichts einzuwenden, sagte DGB-Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer. Allerdings seien die geplanten Belastungen für Geringverdiener und die Kürzung des Sparerfreibetrages falsch.
Die Ministerpräsidenten hatten vorgeschlagen, die Masse aller staatlichen Hilfen für Wirtschaft und Privathaushalte von 2004 bis 2006 pauschal um jährlich jeweils vier Prozent zu kürzen. Das würde dem Staat Einnahmen von fast 16 Milliarden Euro bringen.
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hofft auf Konsensgespräche beim Subventionsabbau und bei anderen Reformen. "Es ist ein gutes Signal, dass die Ministerpräsidenten über die Parteigrenzen hinweg gehandelt haben", sagte er der "Berliner Zeitung".
Unterstützung aus dem Osten
Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer (CDU), sieht gute Chancen für die Umsetzung der Ideen. "Wir haben uns gewöhnt an Subventionen wie an andere Suchtmittel", betonte er in der "Mitteldeutschen Zeitung". Eine "Entwöhnungskur" sei überfällig. Böhmer begrüßte ebenso wie der Regierungschef von Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff (SPD), dass Koch und Steinbrück die Ost-Hilfen verschont hätten. Ringstorff verteidigte die "Rasenmäher-Methode". Er warnte davor, Debatten über jeden Einzelvorschlag zu führen. "Dann wird ganz schnell wieder das ganze Paket in Frage gestellt."
Auch der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) unterstützte das pauschale Vorgehen. Die "Rasenmäher-Methode" sei geeignet, "um schnell an Geld zu kommen", sagte er. Die Umsetzung des Konzepts könne nur ein erster Schritt sein. Die "Einsparungen bringen zwar eine beachtliche Summe. Das ist jedoch zu wenig, um die öffentlichen Haushalte ins Gleichgewicht zu bringen."
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, unterstützte im Südwestrundfunk die Pläne. Er verlangte aber, die frei werdenden Mittel zur Finanzierung des Vorziehens der Steuerreformstufe 2005 auf 2004 zu verwenden. Das lehnen Koch und Steinbrück ab.
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