Swift-Debatte Bankdaten-Abkommen mit den USA steht vor dem Aus
Brüssel - Das erste Nein ist gesprochen, das zweite wird wohl folgen: Im Europaparlament sprach sich der Innenausschuss am Donnerstag in Brüssel mit deutlicher Mehrheit gegen das Swift-Abkommen zur Weitergabe von Bankdaten an die USA aus. 29 Abgeordnete stimmten dagegen, 23 dafür. Die Empfehlung gilt als Stimmungstest für die Plenarentscheidung am kommenden Donnerstag, bei der das Aus für das Abkommen erwartet wird. Wenn die Mehrheit dann der Ausschussempfehlung folgt und ein Veto einlegt, muss das am Montag vorläufig in Kraft getretene Abkommen ausgesetzt werden.
Das Parlament muss das von den EU-Mitgliedstaaten mit den USA ausgehandelte Abkommen billigen. Die Kritiker machen geltend, die Vereinbarung verletze europäische Datenschutzstandards. Zudem hätten EU-Bürger keine Möglichkeit, gegen einen Missbrauch ihrer Daten zu klagen.
Eine breite Koalition von Sozialisten, Liberalen, Grünen und Kommunisten ist gegen das Swift-Abkommen. Sie sprachen von einem "Erfolg für die Bürgerrechte" und einem "Warnschuss an Rat und EU-Kommission". Die größte Fraktion, die konservative Europäische Volkspartei (EVP), unterstützt die Vereinbarung dagegen und versuchte vergeblich, die Abstimmung aufzuschieben.
Das Swift-Abkommen, das offiziell seit 1. Februar in Kraft ist, soll US-Fahndern im Kampf gegen den Terrorismus Zugriff auf die Daten von Millionen europäischer Bankkonten erlauben - somit könnte jeder Europäer ins Visier der Fahnder geraten. Die USA zapfen zwar seit Jahren einen Server des Finanzdienstleisters Swift an, der fast alle europäischen Bankgeschäfte abwickelt. Der Zugriff ist aber seit Januar unterbrochen, da Swift die Rechner nach Europa verlegt hat. Ohne Zustimmung des Parlaments will Swift keine Daten weitergeben.
Lehnt das Europaparlament ab, müssen die USA die Bankdaten auf der Grundlage von Rechtshilfeabkommen anfordern - das erschwert den Fahndern die Arbeit. Bei einem Nein des Parlaments müssten Rat und EU-Kommission mit den USA nachverhandeln, was das transatlantische Verhältnis extrem belasten würde.
Christdemokraten verlangen Zusatzerklärung
Der stellvertretende Fraktionschef der Christdemokraten Manfred Weber verlangte eine Zusatzerklärung zum Abkommen, in der offene Fragen wie Datenschutz und Klagemöglichkeiten geklärt werden. "Dann könnte das Parlament vielleicht noch zustimmen." Die aktuelle Vereinbarung soll sowieso nur für neun Monate gelten, bis ein neues EU-USA-Abkommen ausgehandelt ist.
Das Parlament hat aber nicht nur inhaltliche Bedenken, sondern verlangt auch mehr Mitspracherechte. Auch das Vorgehen der Innenminister sorgte für Verärgerung. Sie hatten den Vertrag am 30. November abgesegnet - einen Tag vor Inkrafttreten des EU-Reformvertrags und damit unter Umgehung der gewählten EU-Volksvertreter. Mit der neuen Rechtsgrundlage für Europa hat das EU-Parlament aber volle Mitsprache in der Justiz- und Innenpolitik bekommen und kann Gesetzesvorhaben nun blockieren. "Das Parlament kann nicht zustimmen, wenn es sein Gesicht als EU-Gesetzgeber und Volksvertretung wahren will", sagte der Innenexperte der Grünen im Europaparlament, Jan Philipp Albrecht.
Die Fraktionschefs verschoben am Donnerstag das Datum für die Entscheidung um einen Tag vom 10. auf den 11. Februar. Grund dafür seien Änderungen der Tagesordnung - nicht aber politischer Druck, teilten die Fraktionen mit. Da sich abzeichnet, dass die Vereinbarung im Parlament scheitern wird, hatten die USA mehrfach vor einer "Sicherheitslücke" gewarnt und versucht, einzelne Abgeordnete zu beeinflussen.
Eine Ablehnung dieses Interimsabkommens würde bedeuten, ein "wertvolles und sorgfältig ausgearbeitetes Programm zu gefährden, das zur größeren Sicherheit unserer Bürger beigetragen hat," schrieb der Staatssekretär im US-Finanzministerium, Stuart Levey, in dem Internet-Europa-Forum "Europolitics" sowie in einem Gastbeitrag für die "Berliner Zeitung". Es habe allein den Terrorismusfahndern in Europa bereits mehr als 1500 Berichte und zahlreiche Hinweise für ihre Arbeit geliefert.