Sylt-Suite-Affäre "Wulff ist ein Fall für den Staatsanwalt"

Bundespräsident Wulff: "Mentalität eines Schnäppchenjägers"
Foto: dapdBerlin - Für die SPD sind die jüngsten Vorwürfe gegen Christian Wulff und seinen Unternehmer-Freund David Groenewold "ein Fall für die Staatsanwaltschaft". Das sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann am Mittwoch in Berlin. Der Film-Finanzier habe den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff offenbar "gefällig gefördert", um die Filmwirtschaft in Niedersachsen voranzubringen. Die Vorwürfe beschädigten das Amt des Bundespräsidenten weiter, sagte Oppermann.
Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung berichtet, dass sich Wulff 2007 als niedersächsischer Ministerpräsident von Filmunternehmer David Groenewold den Aufenthalt in dem Hotel Stadt Hamburg auf Sylt buchen und bezahlen lassen habe. Der Film-Finanzier war bereits in der Affäre des Bundespräsidenten in die Schlagzeilen geraten, weil er ein Upgrade für eine Suite für Wulff im Bayerischen Hof in München gezahlt hatte. Groenewold soll vor knapp drei Wochen versucht haben, alle existierenden Unterlagen über den Aufenthalt in Westerland an sich zu bringen, wie die "Bild"-Zeitung weiter schreibt.
Auch die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth kritisierte Wulff scharf. Dem Sender N24 sagte sie: "Wir haben offensichtlich einen Bundespräsidenten, der eine Handkasse dabei hat. Erst lässt er sich einladen, und dann zahlt er aber in bar." Sie ergänzte: "Es ist eigentlich richtig furchtbar. Es ist eine Schnäppchenjägermentalität." Sie habe "erhebliche Zweifel", dass Wulff es mit der Gesetzestreue "besonders ernst nimmt".
Tatsächlich prüft die Staatsanwaltschaft Hannover den gemeinsamen Urlaub Wulffs mit Groenewold. Die Behörde habe davon Mitte Januar aus den Medien erfahren, sagte Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Lendeckel am Mittwoch in Hannover. Neu seien die Informationen über die angeblich in Sylt abgeholte Unterlagen, über die die "Bild"-Zeitung nun berichtete: "Das fließt jetzt alles in die Prüfung ein", sagte Lendeckel.
"Falls also Bild oder SPIEGEL anruft, wir wissen von nichts!"
Am 16. Januar 2012, gut einen Monat nach den ersten Berichten über die Wulff-Affären, habe Groenewold laut "Bild"-Bericht in dem Luxushotel angerufen und die Angestellten zu Stillschweigen über den Vorgang verpflichtet.
Groenewolds Anwalt teilte am Mittwoch mit, der Verdacht der Vertuschung entbehre jeder Grundlage. Das Hotel sei nie darum gebeten worden, Unterlagen zu vernichten oder zu manipulieren. Die "Bild"-Zeitung zitiere falsch, man werde rechtlich gegen sie vorgehen und eine Beschwerde beim Presserat über die Recherchemethoden einreichen.
Die "Bild"-Zeitung zitiert aus der internen Aufgabenliste für Mitarbeiter vom 17. Januar: "Hr. David Groenewold hat gestern angerufen, wir sollen keinerlei Infos über ihn rausgeben! Er war 2007 mit Hr. Wulff im HSH und hat den gesamten Aufenthalt übernommen. Falls also Bild oder SPIEGEL anruft, wir wissen von nichts!"
Am 19./20. Januar 2012 soll Groenewold laut "Bild"-Zeitung persönlich im Hotel erschienen sein. Er habe Mitarbeiter des Hotels aufgefordert, ihm alle relevanten Rechnungen und Belege auszuhändigen - mit Erfolg. Er habe die Anreiselisten, Meldescheine und Verzehrquittungen mitnehmen können, wie das Blatt berichtet.
Wulffs Anwalt: Kosten nur verauslagt
Wulff übernachtete nach Informationen der Zeitung mit seiner späteren Ehefrau Bettina vom 31. Oktober bis zum 3. November 2007 auf Sylt. Der Preis der Suite betrug pro Nacht 258 Euro inklusive Frühstück. Gebucht und bezahlt habe den Wulff-Aufenthalt Groenewold.
Wulffs Anwalt Gernot Lehr sagte auf Anfrage der "Bild"-Zeitung: "Die Organisation des Aufenthalts erfolgte durch Herrn Groenewold. Herr Groenewold hatte die Hotelkosten verauslagt. Herr Wulff erstattete Herrn Groenewold die verauslagten Kosten des Aufenthalts in den Räumlichkeiten des Hotels Stadt Hamburg." Die Zahlung sei "in bar" erfolgt.
Groenewolds Anwälte legen einem Informationsschreiben an die Presse eine Kopie eines Briefs des Hotels an Groenewold vom 7. Februar 2012 bei. Darin bestätigt das Hotel, der Unternehmer habe nicht darum gebeten, Unterlagen zu vernichten. Das Hotel schreibt aber auch, Groenewold habe um die Übersendung von Rechnungskopien gebeten, was das Hotel abgelehnt habe. Groenewold habe um vertrauliche Behandlung des Vorfalls gebeten, was im Hotel kommuniziert worden sei. Am 19. Januar sei der Unternehmer persönlich angereist, so das Hotel, und habe eine Kopie der Rechnung erhalten.