Aufnahme in Deutschland Innenminister schachern um syrische Flüchtlinge

Deutschland will Bürgerkriegsopfern aus Syrien helfen, aber wie? Sobald es um konkrete Schritte geht, bremsen die unionsgeführten Länder Bayern und Hessen. Jetzt drängt der SPD-Innenminister von NRW, endlich mehr Flüchtlinge aufzunehmen.
Flüchtlingslager im Libanon: Dieses syrische Kind wurde im Krieg schwer an der Schulter verletzt

Flüchtlingslager im Libanon: Dieses syrische Kind wurde im Krieg schwer an der Schulter verletzt

Foto: Hussein Malla/ AP/dpa

Berlin - Millionen Syrer sind auf der Flucht, etwa 40.000 haben es nach Deutschland geschafft. Angesichts des Elends in den Flüchtlingslagern hat die Bundesregierung bereits signalisiert, dass sie mehr Flüchtlinge aufnehmen will. Auch die einzelnen Bundesländer zeigen Bereitschaft, doch besonders Bayern und Hessen knüpfen eine Zusage an Bedingungen.

Ab kommendem Mittwoch treffen sich die Innenminister der Länder in Bonn und beraten dann auch über ein drittes Programm zur Aufnahme von syrischen Flüchtlingen. Bislang gibt es in Deutschland zwei Sonderprogramme mit je 5000 offiziellen Plätzen für Flüchtlinge. Außerdem haben fast alle Bundesländer - bis auf Bayern - kleinere Aufnahmeprogramme gestartet. Flüchtlingsexperten fordern aber ein deutlich großzügigeres Kontingent. Denn die meisten Flüchtlinge - rund 31.000 - haben sich auf eigene Faust nach Deutschland durchgeschlagen.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte kürzlich angedeutet, die Bundesregierung habe sich bereits auf 10.000 weitere offizielle Plätze verständigt. Darum sieht Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) nun Bundesinnenminister Thomas de Maizière in der Pflicht. Der CDU-Minister müsse das bundesweite Aufnahmekontingent aufstocken, forderte Jäger. Konkrete Zahlen wollte er aber noch nicht nennen.

"Ich werde mich dafür stark machen, dass wir gemeinsam noch mehr Flüchtlinge aufnehmen und dafür ein drittes Bundesprogramm aufgelegt wird", sagte Jäger, der auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK) ist, der Nachrichtenagentur dpa. "Der Bürgerkrieg in Syrien ist die humanitäre Katastrophe unseres Jahrzehnts", erklärte er. "Deutschland muss zu seiner humanitären Verantwortung stehen."

Allerdings wird der SPD-Politiker auch bei seinen Amtskollegen in den Ländern noch dafür werben müssen, weitere Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen.

Hessen will erst die bestehenden Kontingente ausschöpfen

Bedenken kommen vor allem aus Hessen und Bayern. So forderte der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU), zunächst müssten die bestehenden Programme von Bund und Ländern ausgeschöpft werden. "Solange das nicht abgeschlossen ist, bin ich zurückhaltend bezüglich weiterer Aufnahmekontingente für Flüchtlinge aus Syrien", sagte er.

Die Bundesregierung hat damit begonnen, syrische Flüchtlinge in einem Sonderprogramm gezielt mit Charterflügen nach Deutschland zu holen. Zunächst standen 5000 Plätze zur Verfügung. Später wurde das Programm um weitere 5000 Plätze erweitert - mit einem Schwerpunkt für Syrer, die Verwandte in Deutschland haben. Die Aufnahme kommt aber nur schleppend voran. Die letzten Flüchtlinge aus dem ersten Kontingent kamen erst im Mai an, aus dem zweiten sind erst 400 Menschen eingereist.

Bedarf für ein drittes Programm wäre da. Allein für das zweite Kontingent gab es etwa 76.000 Anträge.

Bayern fordert mehr Geld vom Bund

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann wollte noch keine feste Zusage für ein weiteres Kontingent geben. "Im Prinzip wären alle Bundesländer bereit, noch einmal ein Kontingent aufzunehmen, weil der dringende Bedarf gesehen wird", sagte der CSU-Politiker. "Es gibt aber noch keine Einigung mit dem Bund über die Kosten. Der Bund hat ein großzügiges Kontingent festgelegt, will aber wenig zahlen."

Auch die CDU-geführten Landesregierungen in Thüringen und Sachsen-Anhalt dringen auf akzeptable Rahmenbedingungen bei den Kosten. Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Lorenz Caffier, der als Sprecher der Unions-Innenminister fungiert, signalisierte ebenfalls eine grundsätzliche Bereitschaft, die Pläne für eine Aufnahme von weiteren Flüchtlingen mitzutragen.

Baden-Württemberg will "auf Sicht fahren"

Die Länder mit SPD-geführten Innenministerien - darunter Baden-Württemberg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Hamburg und Bremen - wollen sich einem weiteren Aufnahmeprogramm ebenfalls nicht verschließen, wie eine Umfrage in den Ministerien ergab. Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) machte aber deutlich, dass er darüber hinaus eine großzügigere Aufnahme ablehnt. "Da die Visa-Erteilung im Libanon schleppend verläuft, sollten wir auf Sicht fahren", sagte Gall. "Ohnehin sind auch andere EU-Staaten gefordert, endlich ihren Beitrag zur humanitären Bewältigung des Bürgerkriegs in Syrien zu leisten."

mmq/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren