Syrien-Offensive Grüne fordern Stopp der Rüstungsverkäufe an die Türkei

Türkische Stadt Akcakale: Soldaten warten an der Grenze zur syrischen Stadt Tall Abyad auf ihren Einsatz
Foto: Anas Alkharboutli/DPADer Einmarsch der Türken in Nordsyrien hat international für scharfe Kritik gesorgt. Auch die Bundesregierung forderte in den vergangenen Tagen ein Ende der türkischen Offensive - allerdings ohne Erfolg. Nun wollen die Grünen den Druck auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan erhöhen und sprechen sich für ein vorläufiges Ende der Rüstungsverkäufe an Ankara aus.
Die Exporte müssten "sofort gestoppt werden", sagte die Parteivorsitzende Annalena Baerbock den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Bereits erteilte Genehmigungen müssen widerrufen werden." Baerbock verlangte noch weitere Maßnahmen, um Druck auf die Türkei auszuüben.
So sollten keine sogenannten Hermes-Bürgschaften für das Land mehr erteilt werden, mit denen die Bundesregierung wirtschaftliche Aktivitäten im Ausland absichert. Außerdem solle die EU die Verhandlungen über eine Ausweitung der Zollunion so lange auf Eis legen, "bis die Türkei zu einem Kurs der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zurückkehrt".
Türkische Truppen wollen syrische Grenzstadt eingenommen haben
Die Türkei hatte am Mittwoch ihre lange angedrohte Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien begonnen. Nach Angaben der Regierung in Ankara hat die türkische Armee am Samstagvormittag die syrische Grenzstadt Ras al-Ain erobert. Die Stadt sei unter Kontrolle der türkischen Truppen, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Die mehrheitlich kurdische "Syrian Democratic Forces" (SDF), die das Gebiet kontrolliert, hat das dementiert. Die türkische Truppen hätten Ras al-Ain nicht in ihre Kontrolle gebracht, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen Sprecher der SDF.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind seit Beginn der Offensive 30 Zivilisten getötet worden. Die Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen von Aktivisten in Syrien. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen, in der Vergangenheit haben sich die Beobachtungen aber meist als richtig erwiesen. Der Uno zufolge sind mehr als 100.000 Menschen in dem Gebiet auf der Flucht.
Ziel der Offensive ist die Kurdenmiliz YPG, die auf syrischer Seite der Grenze ein großes Gebiet kontrolliert. Die Türkei sieht in ihr einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK in der Türkei und damit eine Terrororganisation. Sie will entlang der Grenze eine sogenannte Sicherheitszone einrichten und dort auch syrische Flüchtlinge ansiedeln, die derzeit in der Türkei leben. (Lesen Sie hier eine Analyse zu Erdogans Plänen in Nordsyrien.)
Baerbock warf Erdogan vor, die Sicherheitszone sei offenkundig eine vorgeschobene Begründung. Es gehe vielmehr darum, "gegen die mehrheitlich kurdische Bevölkerung in Nordsyrien vorzugehen", sagte die Grünenchefin. Erdogan heize damit den Krieg in Syrien weiter an, "sorgt für zusätzliches Leid und massenhafte Vertreibung in einer Region, die ohnehin schon einem Pulverfass gleicht".
Bedenken wegen Gefangenenlagern für IS-Anhänger
Das Vorgehen des türkischen Militärs hat auch die Frage ausgeworfen, was mit den in den syrischen Kurdengebieten inhaftierten ausländischen Kämpfern der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) passiert. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dazu den Zeitungen der Funke Mediengruppe, eine Überstellung deutscher Staatsangehöriger könne "nur in einem geordneten Verfahren in Betracht kommen".
Es müsse ausgeschlossen werden, "dass Sicherheitsgefahren entstehen", betonte Herrmann. "Wichtig ist, jeden Einzelfall sorgfältig zu prüfen."