Extremismus in Deutschland Innenministerium verbietet Salafisten-Verein

Extremismus in Deutschland: Innenministerium verbietet Salafisten-Verein
Foto: Melanie Dittmer/ dpaBerlin - Mit einem Großaufgebot ist die Polizei am Donnerstag gegen die salafistische Kameradschaft "Tauhid Germany" vorgegangen. In mehreren Städten in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern und Schleswig-Holstein kam es zu Durchsuchungen, der Schwerpunkt der Aktion lag in NRW. Zuvor hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ein Vereinsverbot gegen die Gruppe erlassen.
Die Behörde betrachtet die Gruppierung als Nachfolgeorganisation der verbotenen salafistischen Kameradschaft "Millatu Ibrahim". Es seien im Wesentlichen dieselben Männer, die sich hier träfen, verlautete aus Sicherheitskreisen. Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen soll "Tauhid Germany" etwa 20 Anhänger haben und von Hasan K. aus dem sauerländischen Iserlohn angeführt werden.
"Die heutige Verbotsmaßnahme ist ein klares Signal an die militant-dschihadistische Szene. Wir gehen entschlossen und nachhaltig gegen Bestrebungen vor, die sich gegen unsere verfassungsgemäße Ordnung richten", teilte Innenminister de Maizière mit. "Vereinigungen wie 'Tauhid' Germany gefährden unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt: Sie wenden sich gezielt an Jugendliche und fördern deren Radikalisierung bis hin zur Rekrutierung für Kämpfe in Syrien oder im Irak."
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte, das Verbot sei ein "weiterer wichtiger Schritt der Sicherheitsbehörden im gemeinsamen Kampf gegen gefährliche Extremisten". Der Einsatz zeige, dass der Druck auf die Szene hoch sei und entschieden gegen "menschenverachtende Propaganda" vorgegangen werde. "Damit verhindern wir, dass sie den Terror in Syrien und Irak unterstützen", so Jäger.
"Tauhid Germany" hatte salafistisches Propagandamaterial vor allem über das Internet verbreitet, dazu nutzte sie vorrangig soziale Medien. "'Tauhid' ist eine Plattform, wo von verschiedenen Predigern aus dem deutschsprachigen Raum Vorträge in Audio- und Videoform veröffentlicht werden", hieß es in der Selbstdarstellung der Organisation. Zuletzt hatte die Gruppe ihre Aktivitäten jedoch stark zurückgefahren.
"Kämpferisch aggressive Grundhaltung"
Im Juni 2012 verbot der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die islamistische Kameradschaft "Millatu Ibrahim" . Wie aus der damaligen Verfügung hervorgeht, richtete sich die Gruppierung aus dem nordrhein-westfälischen Solingen gegen die "verfassungsmäßige Ordnung", den "Gedanken der Völkerverständigung" und ging "mit einer kämpferisch aggressiven Grundhaltung" vor.
Das Innenministerium führte seinerzeit als Belege unter anderem an, dass Protagonisten der Salafisten-Truppe die Wortführerschaft während der gewaltsamen Ausschreitungen am 1. Mai 2012 in Solingen übernommen hätten. Bei der Straßenschlacht zwischen Extremisten und der Polizei gab es zahlreiche Verletzte.
Das Landgericht Wuppertal verurteilte daher vor einigen Monaten "Tauhid"-Anführer Hasan K. wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und besonders schweren Widerstands gegen Polizisten zu zwei Jahren und sieben Monaten Gefängnis. Bislang hat K. seine Strafe jedoch nicht antreten müssen, er befindet sich auf freiem Fuß.
Führende Propagandisten
Staatsschützer halten K. für den Statthalter der "Millatu"-Anführer Denis Cuspert und Mohamed Mahmoud. Die beiden Salafisten-Hetzer sind inzwischen in Syrien, wo sie sich der Terrormiliz "Islamischer Staat" angeschlossen haben. Im deutschsprachigen Raum gelten der ehemalige Gangsterrapper Cuspert und der Österreicher Mahmoud als führende Propagandisten der islamistischen Szene.
Die Agitation von "Millatu Ibrahim" war laut Innenministerium von einer "fundamentalen Aversion gegen die demokratische Ordnung des Grundgesetzes geprägt." Ausdruck dieser Aversion sei "die systematische, von hetzerischen Elementen durchsetzte Diskreditierung von Staatsorganen und Politikern".
Beispiele aus dem "Millatu"-Umfeld gab es zu Genüge. In einer Videobotschaft vom Januar 2012 hieß es etwa: "Die Leute, die die Gesetze machen, sind die schlimmsten. Die sind schwul, die sind kokainsüchtig, pädophil, einfach ekelhaft. Wie kann ich auf so ne Leute ihre Gesetze hören? Guckt mal Wowereit an, ekelhaft." Kanzlerin Merkel wurde als "ekelhafte dreckige Hexe" bezeichnet - die Scharia sei die Medizin gegen die "Krankheit Demokratie und Integration und diese westliche Ideologie".