Fehlende Ausweise Tausende Flüchtlinge gelten ab Neujahr als volljährig

Viele minderjährige Flüchtlinge haben bei der Einreise ein fiktives Geburtsdatum erhalten. Nach SPIEGEL-Informationen hat das ab 1. Januar erhebliche Folgen: Für die Kommunen wird es teuer.
Junge Flüchtlinge

Junge Flüchtlinge

Foto: Julian Stratenschulte/ dpa

Die Probleme begannen spätestens ab September 2015: Vor allem an den bayerischen Grenzen war an eine genaue Kontrolle und Registrierung der Flüchtlinge nicht mehr zu denken. Um Tausende Asylbewerber zu erfassen, die damals fast täglich über Österreich nach Deutschland einreisten, bekamen die meisten ein buntes Plastikband ums Handgelenk und einen sogenannten Anlaufzettel überreicht - darauf Name, Herkunft und Alter.

Die Angaben der Flüchtlinge dazu mussten die Sicherheitsbeamten an den Grenzstationen erst einmal als wahr annehmen. Dazu gehörte auch die Aussage der vielen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF), sie hätten auf der Reise ihren Pass verloren oder nie einen besessen. Ihr Geburtsdatum würden sie nicht kennen, nur das Alter. Die Angabe dazu schwankte in der Regel zwischen 15 und 17 Jahren. (Diese Meldung stammt aus dem SPIEGEL. Den neuen SPIEGEL finden Sie hier.)

Die Behörden notierten bei der Einreise der Einfachheit halber den 1. Januar 1999 als Geburtstag. Auf dem Papier werden viele dieser Jugendlichen also an Neujahr 2017 volljährig.

Auf Landkreise und Städte kommen deshalb nach Informationen des SPIEGEL zum Jahreswechsel plötzlich hohe Kosten für die Betreuung junger Flüchtlinge zu. Denn Tausende UMF fallen damit am Neujahrstag aus der Jugendhilfe, die von den Bundesländern finanziert wird. Für weitere Betreuungskosten sind die Kommunen zuständig.

Allein in Bayern feiern 65 Prozent aller dort lebenden unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nun ihren 18. Geburtstag, auch in anderen Ländern ist der Anteil hoch. Im Freistaat zum Beispiel rechnen Kommunen und Bezirke für 2017 deshalb mit Mehrausgaben von rund 60 Millionen Euro.

Städte und Landkreise zahlen nicht nur Unterkunft und Verpflegung der 18-Jährigen, die eigentlich über Nacht aus den nach Jugendhilfestandards betreuten Wohnheimen ausziehen und in eine Sammelunterkunft wechseln müssen. Die kommunalen Jugendämter müssen auch für weitere Sozialstunden aufkommen, die etwa traumatisierte junge Flüchtlinge benötigen.

Das Land Bayern hat inzwischen zugesagt, sich an der weiteren Jugendhilfe für Volljährige zu beteiligen. In Nordrhein-Westfalen bekommen Kommunen die Kosten nachträglich erstattet.

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