Teure Währungsrettung Rechnungshof kritisiert Merkels Euro-Plan

Die Euro-Rettung könnte für die Bürger teuer werden: Laut Bundesrechnungshof ist die deutsche Bareinlage mit 22 Milliarden Euro knapp bemessen. Im schlimmsten Fall müsste die Regierung Kapital nachschießen - selbst wenn sie gar nicht will.
Kanzlerin Merkel mit europäischen Staats- und Regierungschefs: Bundestag umgangen?

Kanzlerin Merkel mit europäischen Staats- und Regierungschefs: Bundestag umgangen?

Foto: THIERRY ROGE/ REUTERS

In seinem vertraulichen Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags warnt der Rechnungshof vor größeren Risiken bei der Euro-Rettung. Schon während des Aufbaus des neuen European Stability Mechanism (ESM) "kann es zu einem erhöhten Bedarf an Barkapital kommen", urteilen die Rechnungsprüfer.

Bislang sehen die Pläne der europäischen Staats- und Regierungschefs vor, dass der Kapitalstock des Rettungsschirms über eine Dauer von drei Jahren ab 2013 aufgebaut wird. Sollte ein Euro-Land aber bereits in dieser Aufbauphase Hilfen aus dem Barkapitalbestand des ESM benötigen, so die Gutachter, bestehe eine "Nachschusspflicht" der Mitgliedstaaten.

Bislang hatte das Bundesfinanzministerium diesen Fall in internen Gesprächen mit dem Haushaltsausschuss des Bundestags als "unwahrscheinlich" ausgeschlossen. Aus dem Rechnungshofbericht geht nun hervor, dass das Finanzministerium die Diskussion über entsprechende Szenarien lediglich als "verfrüht" bezeichnet.

Verwaltungsrat des ESM kann Deutschland überstimmen

Auf Kritik der Rechnungsprüfer stößt auch, dass der Verwaltungsrat des ESM wichtige Entscheidungen nicht im gegenseitigen Einvernehmen erlassen muss, sondern mit einfacher Mehrheit beschließen kann. Das führt dazu, dass Deutschland überstimmt werden kann, selbst bei sensiblen Entscheidungen wie der Überweisung von zusätzlichem Kapital im Falle von "Zahlungsverzug oder Ausfall eines Mitgliedstaates".

Im Extremfall, monieren die Regierungskontrolleure, wären die Euro-Mitglieder verpflichtet, Geld nachzuschießen, ohne dies verhindern zu können: "Reicht das Barkapital nicht aus, wird automatisch Kapital von den Mitgliedstaaten abgerufen, ohne dass es einer Entscheidung des Verwaltungsrats oder des Direktoriums bedarf."

Um angesichts dieses erhöhten Risikos das Budgetrecht des Bundestags zu wahren, fordert der Rechnungshof eine starke Rolle des deutschen Parlaments. "Alle Festlegungen zu Art und Höhe, insbesondere die Bestimmung von Obergrenzen der deutschen Beiträge zum ESM, sind gesetzlich zu regeln und unterliegen damit dem parlamentarischen Zustimmungserfordernis."

Zudem raten die Kontrolleure den Abgeordneten, ihre Zustimmung zum Euro-Rettungsschirm mit der Auflage zu verknüpfen, "rechtzeitig im Wege eines Konsultationsverfahrens über anstehende operative Entscheidungen des ESM informiert zu werden, die Auswirkungen auf den Bundeshaushalt haben können".

"Einzugsermächtigung für den Bundeshaushalt"

Die Opposition wirft Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble (ebenfalls CDU) Täuschung vor. "Dieser Bericht ist ein Debakel für die Bundeskanzlerin", sagt der SPD-Chefhaushälter Carsten Schneider. "Die Auswirkungen des ESM auf den Bundeshaushalt werden seit Monaten verschleiert."

Merkel hatte im vergangenen Oktober in einem schon damals umstrittenen Deal mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy ihre Forderung aufgegeben, Sanktionen gegen Euro-Pleitekandidaten automatisch einzuleiten. Sarkozy unterstützte im Gegenzug die deutsche Forderung nach einer Änderung des EU-Vertrags. Dazu sagt SPD-Mann Schneider: "Frau Merkel ist vor einem Jahr mit der Forderung nach automatischen Sanktionen gestartet und hat nun mit dem ESM eine Einzugsermächtigung für den Bundeshaushalt unterschrieben."

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