Neonazis beim Festival "Rock gegen Überfremdung"
Foto: REUTERS/Michaela RehleNach dem Rechtsrockfestival im südthüringischen Themar ermittelt die Polizei: Zahlreiche Teilnehmer hatten den Hitlergruß gezeigt und waren dabei gefilmt worden.
"Wir wissen noch nicht, um wen es sich dabei handelt", sagte ein Sprecher der Thüringer Landespolizeidirektion dem SPIEGEL. Die Ermittler versuchten, an das Originalvideo zu kommen. Die Polizei selbst durfte im Zelt, in dem die Bands auftraten, nicht durchgängig filmen. So sähen es die Regeln zur Begleitung öffentlicher Veranstaltungen durch die Polizei vor, hieß es bei der Landespolizei.
Der Veranstalter sei im Vorfeld darauf hingewiesen worden, dass er das Zeigen des Hitlergrußes und andere Straftaten zu unterbinden habe. Auf Twitter kursiert eine Aufnahme, auf der keine Gesichter zu erkennen sind - der strafbare Hitlergruß, also das Hochrecken des ausgestreckten Armes, aber umso deutlicher.
Der Hitlergruß wurde in Deutschland und Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg verboten und nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuches (Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen) und Paragraf 130 (Volksverhetzung) unter Strafe gestellt. Das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden.
Die Rechtsextremismus-Expertin und Abgeordnete der Linken im Thüringer Landtag, Katharina König-Preuss, kritisierte auf Twitter, dass die Polizei nicht eingeschritten sei. Insgesamt seien an dem Tag 43 Strafanzeigen unter anderem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Bedrohung, Körperverletzung und Verstößen gegen das Waffengesetz gestellt worden, teilten die Beamten mit.
Drei Menschen wurden in Gewahrsam genommen, von 440 weiteren wurde die Identität festgestellt. Die Abreise der Konzertbesucher nach Mitternacht verlief problemlos. Die Polizei war mit rund 1000 Beamten aus Thüringen und anderen Bundesländern im Einsatz.
Am Samstag waren 6000 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus Russland, Ungarn und Tschechien für das Rechtsrockfestival in den 3000-Einwohner-Ort Themar gekommen. Redner und Bands traten in einem Zelt auf einer großen Wiese am Rande des Ortes auf. Polizei und Ordner durchsuchten die Teilnehmer am Eingang auf verbotene Symbole und Gegenstände.
Der Andrang auf das Gelände war so groß, dass die Veranstalter das mit Bauzäunen abgetrennte Areal am Nachmittag vergrößern mussten. Die Veranstaltung stand unter dem Motto "Rock gegen Überfremdung". Einwohner hatten zum Protest aufgerufen (lesen Sie hier eine Reportage über den Umgang der Bürger von Themar mit den Neonazis).
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Besucher des Neonazi-Konzerts am Samstag in Themar: In der Kleinstadt in Südthüringen findet das wohl größte Konzert der Szene in diesem Jahr statt.
In der Kleinstadt wehen an diesem Samstag viele Fahnen der rechtsradikalen Szene. Bereits Stunden vor Beginn waren bereits rund 3500 Besucher angereist - mehr als im vergangenen Jahr.
Die Polizei sprach auch drei Stunden nach Konzertbeginn von einem starken Zulauf. Aus Sicherheitsgründen hätten die Veranstalter deshalb das Festivalgelände vergrößert.
Die Polizei ist mit knapp tausend Beamten in Themar. Sie untersucht die Besucher des Neonazi-Konzerts vor dem Eintritt auf das Festivalgelände.
Eigentlich waren insgesamt neun Gegendemonstrationen angekündigt, bis zu 2000 Teilnehmer wurden dazu erwartet.
Doch laut Polizei protestierten lediglich rund 75 Menschen vor dem Festivalgelände, ein paar weitere Dutzend im Zentrum der Kleinstadt.
Bereits am Dienstag war das Festivalgelände umzäunt und mit Fahnen der rechten Szene markiert.
In Themar hatten die Bewohner zuvor Stellung gegen das Neonazi-Festival bezogen. In der Kleinstadt hängten sie zahlreiche Plakate gegen Neonazismus und gegen Fremdenfeindlichkeit auf.
Bürger Themars versammelten sich am Dienstag zu einer Protestveranstaltung gegen das Neonazi-Konzert in ihrer Stadt.
"Wir lehnen dieses furchtbare Motto strikt ab", sagt Themars Bürgermeister im Namen der Bewohner in Bezug auf das Neonazi-Konzert. Das steht unter dem Motto "Rock gegen Überfremdung".
Gegendemonstranten haben am Ortseingang von Themar ein Transparent aufgehängt: "Du kannst schon Nazi sei, aber dann biste halt Kacke", steht darauf.
Barbara Morgenroth engagiert sich gegen Nazis in Themar.
Tommy Frenck ist ein Koch aus der Umgebung. Bei dem Neonazi laufen die Fäden für das Festival in Themar zusammen.