

Videoanalyse zu Thüringen "Tabubruch oder beispielloser Akt politischer Dummheit"

Mit einer Stimmenmehrheit für FDP-Mann Thomas Kemmerich hätte im Erfurter Landtag niemand gerechnet - vor allem nicht Bodo Ramelow.
Kevin Hagen
DER SPIEGEL Politik
Das ist entweder ein schwerwiegender Tabubruch oder ein beispielloser Akt politischer Dummheit, muss man wirklich sagen. Denn entweder hat die FDP bewusst in Kauf genommen, von der AfD mitgewählt zu werden und hätte Kemmerich auf diese Weise ganz gezielt und kalkuliert ins Amt des Ministerpräsidenten gebracht. Nur mit den Stimmen der AfD war das heute möglich. Dann ist eine glaubwürdige Abgrenzung nach Rechts zum rechten Höcke-Flügel der AfD in Zukunft nicht mehr vorstellbar. Oder sie dachten, Kemmerich würde am Ende eh nicht gewählt und haben ihn quasi nur symbolhaft aufgestellt. Dann haben sie sich gewaltig verzockt und dafür gesorgt, dass wir in Thüringen jetzt instabile und sehr schwierige Verhältnisse haben.
Wir haben in Thüringen jetzt einen Ministerpräsidenten ohne Koalition, der getragen wird von mehreren Gruppen, die eigentlich bisher nicht zusammengearbeitet haben. Er ist eingesetzt gegen den Willen der breiten Bevölkerung, das kann man sagen, denn da hat wirklich eine große Mehrheit Bodo Ramelow unterstützt. Wir müssen wirklich sehen, wie das in Zukunft ausgehen soll. Wie das funktionieren soll, das ist völlig offen.
Für die Linken ist das natürlich ein sehr großer Schock. Da ist Bodo Ramelow eine zentrale Figur. Er hat quasi unter Beweis gestellt, dass die Partei auch regierungsfähig ist, hat ein rot-rot-grünes Bündnis angeführt, seine Sache ja auch gut gemacht, das wurde über Parteigrenzen hinweg geachtet. Dass das jetzt mit so einer Demütigung ausgeht, ist wirklich gravierend für die Partei. Und ich glaube, die müssen sich jetzt wirklich erst mal sortieren. Und es ist völlig offen, welche langfristigen Folgen das tatsächlich für die Linke hat.
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