Chaos in Thüringen Ramelow entlässt grünen Minister – auf Wunsch der Grünen

Die Grünen möchten in Thüringen ihre beiden Minister austauschen – gegen den Willen des betroffenen Justizministers. Doreen Denstädt soll als erste schwarze Person Landesministerin in Ostdeutschland werden.
Noch Thüringens Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz: Dirk Adams

Noch Thüringens Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz: Dirk Adams

Foto: Martin Schutt / picture alliance/dpa

In der Minderheitsregierung in Thüringen wechseln die Grünen ihre beiden Ministerposten aus. Zunächst hatte kürzlich die Umweltministerin und einstige Spitzenkandidatin Anja Siegesmund ihren Rücktritt »aus persönlichen Gründen« erklärt. Siegesmund war das Gesicht der Grünen im Bundesland und auch Spitzenkandidatin bei der letzten Landtagswahl.

Im Zuge des Rücktritts von Siegesmund will die Grünen-Landesspitze nun einen kompletten Neuanfang in der Landesregierung und auch den amtierenden Justizminister Dirk Adams ersetzen. Die beiden Landesvorsitzenden Ann-Sophie Bohm und Bernhard Stengele hatten Adams am Sonntag zum Rücktritt aufgefordert, was dieser jedoch ablehnte. Daraufhin wurde Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) gebeten, Adams aus dem Amt zu entlassen. Dies soll noch am Montagnachmittag geschehen.

Adams war in den vergangenen Monaten mit der Landtagsfraktion und der Landesführung der eigenen Partei in einen Konflikt geraten, heißt es in Thüringen. Auch Ramelow soll mit der Arbeit des Ministers nicht mehr zufrieden gewesen sein.

Nach dem chaotischen Abgang der beiden grünen Landesminister ist nun klar, wer ihre Nachfolge antritt. Der zum Realo-Flügel zählende Co-Landesvorsitzende Stengele soll Siegesmund nach SPIEGEL-Informationen als Umweltminister ablösen. Die zu den Parteilinken zählende Doreen Denstädt soll den vom eigenen Landesverband in die Kritik geratenen Migrationsminister Dirk Adams ersetzen.

Thüringer Noch-Umweltministerin Anja Siegesmund, Landesvorsitzende Ann-Sophie Bohm

Thüringer Noch-Umweltministerin Anja Siegesmund, Landesvorsitzende Ann-Sophie Bohm

Foto:

Christian Fischer / Bild13 / IMAGO

Damit wird Denstädt nach Aminata Touré in Schleswig-Holstein die zweite schwarze Landesministerin in Deutschland und zugleich die erste schwarze Ministerin in Ostdeutschland. Die ehemalige Profi-Rugbyspielerin ist als Polizistin in Thüringen tätig. »Ich freue mich sehr für meine künftige Kollegin und habe sie direkt angerufen, weil ich mich so freue«, sagte Aminata Touré dem SPIEGEL. Die Ernennung von Denstädt sei »ein weiteres Zeichen dafür, dass unsere Gesellschaft sich progressiv weiterentwickelt. Das gelingt nur mit einzelnen, die wie Doreen Denstädt mutig vorangehen«, so Touré.

Der im Allgäu geborene Stengele war vor seiner Zeit als Politiker bis 2017 Schauspieldirektor am Theater Altenburg Gera. Als Grund für seinen Abgang damals nannte er in einem Hörfunkinterview unter anderem rassistische Übergriffe auf Menschen in Thüringen. Stengele beschloss, nach Süddeutschland zu gehen – um danach nach Thüringen zurückzukehren. Seit 2020 ist er Co-Sprecher des Landesverbands.

»Die Ramelow-Regierung ist eine bröckelnde Chaosregierung.«

Christian Herrgott, Generalsekretär der CDU Thüringen

Aus der CDU Thüringen, die mit der rot-rot-grünen Minderheitsregierung im Parlament vielfach zusammenarbeitet, gibt es heftige Kritik an der Rochade. »Die Ramelow-Regierung ist eine bröckelnde Chaosregierung. Wir machen uns ernsthaft Sorgen um die Handlungsfähigkeit unseres Landes angesichts dieses katastrophalen Zustandes der Minderheitsregierung«, sagt Christian Herrgott, Generalsekretär der CDU Thüringen. »Auf offener Bühne trägt der grüne Teil der Ramelow-Regierung die Folgen seiner gescheiterten Flüchtlingspolitik aus. Bodo Ramelow muss endlich die Handlungsfähigkeit seiner Regierung herstellen und diese chaotischen Zustände beenden.«

Justiz- und Migrationsminister Adams hatte seinen Rücktritt als Minister auch abgelehnt mit dem Hinweis, dass derzeit viele Geflüchtete nach Thüringen kommen.

til/fin/stw/jos
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