Zweiter Wahlgang in Thüringen Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten gewählt

Bodo Ramelow hat es geschafft: Im zweiten Wahlgang zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt
Foto: Martin Schutt/ dpaErfurt - Bodo Ramelow ist der erste Ministerpräsident der Linken. Der 58-Jährige erhielt bei der Wahl der thüringischen Regierungschefs im zweiten Wahlgang 46 von 90 gültigen Stimmen. Im ersten Durchlauf hatte Ramelow lediglich 45 Stimmen erhalten - in beiden Wahlgängen war ein Stimmzettel ungültig, zudem enthielt sich jeweils ein Abgeordneter. Unmittelbar nach Bekanntgabe des Ergebnisses der zweiten Abstimmungsrunde wurde Ramelow von Landtagspräsident Christian Carius (CDU) vereidigt.
Ramelow erklärte anschließend, dass ihm trotz aller Differenzen an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Opposition gelegen sei. "Wir müssen gemeinsam zusammenstehen", sagte er und kündigte an, dass die Staatskanzlei ein offenes Haus" für die verschiedenen Landtagsparteien werden solle. Er entschuldigte sich auch für das Unrecht während der SED-Diktatur in der ehemaligen DDR. Mit seinem Amtsantritt endet nach 24 Jahren die Regierungszeit der CDU, die seit 1990 in Thüringen regiert hatte.
Das Ergebnis der Abstimmung war mit großer Spannung erwartet worden, denn das Lager aus Linken, SPD und Grünen hat im Landtag von Erfurt eine denkbar knappe Mehrheit: Von den 91 Abgeordneten gehören lediglich 46 den drei linken Fraktionen an, CDU und AfD stellen zusammen die restlichen 45 Parlamentarier.
Wegen dieser Mehrheitsverhältnisse hatte CDU-Fraktionschef Mike Mohring am Vormittag erklärt, in einem möglichen dritten Wahlgang einen eigenen Kandidaten aufzustellen: Der frühere Rektor der Universität Jena, Klaus Dicke, sollte dann gegen Ramelow antreten. Mit Dicke gebe es ein überparteiliches Angebot an SPD und Grüne für eine bürgerliche Mehrheit. Nach dem Rückzug der bisherigen Ministerpräsidentin und CDU-Landeschefin Christine Lieberknecht galt zuletzt Mohring selbst als wahrscheinlichster Kandidat für diesen Fall.
Ambitioniertes Regierungsprogramm
Aufgrund der denkbar knappen Mehrheit des rot-rot-grünen Lagers war bereits vor der Wahl intensiv diskutiert worden, wer Ramelows Wahl scheitern lassen könnte: Unklar war etwa die Rolle des bisherigen SPD-Landeschefs Christoph Matschie, weil dessen Rolle in einem Linksbündnis offen war - er könnte nun aber Fraktionschef werden. Als unsichere Abgeordnete galten zudem der bisherige SPD-Wirtschaftsminister Uwe Höhn und der Grünen-Abgeordnete Olaf Möller.
Der historische Machtwechsel in Thüringen ist äußerst umstritten. Gegen eine Regierungsverantwortung der Linken hatten unter anderem Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel Vorbehalte geäußert. In Erfurt hatten zuletzt am Donnerstagabend mehr als 1500 Menschen vor dem Landtag gegen Rot-Rot-Grün demonstriert.
SPD, Grüne und die Linke hatten ihre Machtübernahme daher lange und sorgfältig geplant: Der am Donnerstag unterzeichnete Koalitionsvertrag war zuvor durch Mitgliedervoten und Parteitage mit großer Mehrheit bestätigt worden. Zudem hatte die Linke den beiden Koalitionspartnern große Zugeständnisse gemacht: Drei von neun Ministerien fallen an die SPD, zwei an die Grünen - zudem hatten die Koalitionäre in der Präambel des Koalitionsvertrags die DDR ausdrücklich als Unrechtsstaat bezeichnet.
Zu den Schwerpunkten der rot-rot-grünen Regierungsarbeit sollen unter anderem die Einführung eines kostenfreien Kita-Jahres und der weitgehende Abzug der V-Leute des Thüringer Verfassungsschutzes zählen. Außerdem hatten die drei Koalitionspartner ausgehandelt, jährlich 500 Lehrer einzustellen und die erneuerbaren Energien auszubauen.