Thüringens CDU Zickzack ohne Althaus
Berlin - Ob die Thüringer CDU ohne Dieter Althaus in den Landtagswahlkampf ziehen muss, ist weiter offen. Dass sie ohne ihren Parteichef und Ministerpräsidenten ein Bild des Jammers bietet, wird dagegen immer klarer. Und zwar mit jedem Tag, den Althaus nach seinem Skiunfall am Neujahrstag ausfällt.
Was der Partei in Abwesenheit ihres Spitzenmanns fehlt, ist eine Strategie. Oder wenigstens ein Kommunikationsplan. Stattdessen sagt inzwischen jeder, was ihm zur Zukunft von Althaus einfällt.
Ein Machtwort könnte nur er selbst sprechen. Doch dazu ist Althaus im Moment wohl weder körperlich noch mental in der Lage. Er wird weiterhin in einer Reha-Klinik am Bodensee behandelt, wo sich der Politiker von den Folgen des Zusammenstoßes mit einer Frau in einem österreichischen Skigebiet erholt. Die Slowakin war kurz nach der Kollision verstorben, Althaus überlebte schwer verletzt.
Und so geht die Thüringer CDU in dieser Woche mit dem Fall um: Am Montag erklärte Birgit Diezel, Finanzministerin und kommissarische Regierungschefin Thüringens, eine Genesung verlaufe "nicht auf Knopfdruck, sondern in Etappen". Auf Althaus, so Diezels Botschaft auf einer CDU-Regionalkonferenz in Gera, laste deshalb keinerlei Druck. Es gehe darum, "dass er fit ist, wenn wir in den Wahlkampf ziehen". Aber dann kam der Dienstag, und an dem meldete sich plötzlich Manfred Grund, CDU-Chef der Thüringer Landesgruppe im Deutschen Bundestag zu Wort. Der Nordthüringer gilt als enger Vertrauter des Ministerpräsidenten. Er fürchte, sagte Grund MDR Info, dass mit einer Rückkehr Althaus' erst nach Ostern zu rechnen ist. Dann müsse die Partei gemeinsam mit ihm entscheiden, ob der Ministerpräsident hundertprozentig in der Lage sei, die "Anforderungen an einen Spitzenkandidaten auch zu erfüllen".
Ob der Althaus-Freund mehr weiß, als der Rest seiner Partei? Jedenfalls war diese alles andere als glücklich über die Grund-Äußerungen, der Bundestagsabgeordnete wurde vor und hinter den Kulissen heftig attackiert. Die Diskussion hatte nun eine neue Dynamik, die durch einen Bericht der "Thüringer Allgemeinen" angeheizt wurde: Die Zeitung ließ sich vom Sprecher des CDU-Landesverbandes bestätigen, dass Althaus sich bis zum Listenparteitag am 14. März zu erklären hat. Zur Not auch in schriftlicher Form muss der Ministerpräsident seine "Bereitschaft zur Kandidatur und zur Annahme der Wahl erklären, um am innerparteilichen Wahlgang teilnehmen zu können", wie der Sprecher später in einer Pressemitteilung klarstellte.
Kommunikationszickzack in Sachen Althaus
"Es gibt keine Frist oder gar ein Ultimatum für Dieter Althaus!" war diese überschrieben. Und: "Unser Spitzenkandidat heißt Dieter Althaus!". Was inzwischen als Botschaft in Thüringen und dem Rest der Republik wahrgenommen wurde, war allerdings etwas anderes: Althaus wird von seinen eigenen Leuten unter Druck gesetzt.
Am gleichen Tag hatten Althaus und seine Familie nach den ohnehin schon schweren Wochen einen besonders schweren Gang: Im nordthüringischen Heiligenstadt wurde der vor kurzem verstorbene Vater des CDU-Politikers beigesetzt. Der Ministerpräsident nahm persönlich Abschied, abgeschirmt von einem Riesenaufgebot an Polizisten und Sicherheitsleuten. Fotos und TV-Aufnahmen waren nicht erlaubt. Was zunächst verständlich erschien - in den nächsten Tagen allerdings Fragen aufwarf: Woher hatte die "Bild"-Zeitung ein offenbar gestelltes Foto des Ehepaars Althaus am Grab? Schon am Wochenende hatte das Boulevardblatt Aufnahmen von Althaus beim Bummeln in der Konstanzer Innenstadt veröffentlicht.
Was läuft da mit der "Bild"-Zeitung, heißt es auch unter CDU-Leuten in Thüringen. Und war es sinnvoll, Althaus zunächst in sehr unsicherer Pose am Bodensee abzubilden - um dann in dem Artikel über die Beerdigung von seinen "festen, raschen Schritten" zu schreiben? Zumal Augenzeugen einen ganz anderen Eindruck von dem Reha-Patienten übermittelten.
"Rückkehr! Althaus will Ministerpräsident in Thüringen bleiben", titelte die Zeitung zudem unter Bezugnahme auf eigene Informationen. Und schrieb weiter, Althaus werde nach Ostern sein Regierungsamt wieder voll aufnehmen um anschließend als Spitzenkandidat anzutreten. Auf Nachfrage gaben Regierungssprecher Fried Dahmen und Landesgeschäftsführer Andreas Minschke jedoch bekannt, dass es keine neue Details zu Althaus' Plänen gebe.
"Planlos in Erfurt" titelte die "Thüringer Allgemeine". Das trifft es wohl eher.
CDU ist der Ministerpräsidentenposten weiter ziemlich sicher
Dabei könnte für die CDU doch eigentlich alles so einfach sein: Der Ministerpräsidentenposten ist ihr auch nach der Landtagswahl am 30. August ziemlich sicher, ob mit oder ohne Althaus. Denn die Alternative - eine von Linken-Spitzenkandidat Bodo Ramelow angeführte Koalition mit der SPD - ist politisch wohl utopisch. Und also müsste die CDU schlimmstenfalls einen Partner akzeptieren, statt mit den Sozialdemokraten könnte es vielleicht sogar zur Regierung mit der FDP reichen. Dafür müssten die es allerdings ins Parlament schaffen.
Nur: Eine kopflose ist nicht nur eine ziellose Partei, sondern auch eine unruhige. Denn natürlich machen sich viele in der Thüringer CDU darüber Gedanken, wie es ohne Althaus weiter gehen würde - und vor allem mit wem. Die Person, auf die es wohl hinauslaufen würde, hält sich seit dem Unfall des Ministerpräsidenten auffällig zurück. Was Christine Lieberknechts Chancen im Fall der Fälle zwar befördert, aber eben auch die Spekulationen. Inzwischen wurde die aktuelle Sozialministerin immerhin von ihrem Hausblatt, der "Thüringischen Landeszeitung", wortmächtig ausgerufen. Was der früheren CDU-Fraktionschefin und Präsidentin des Landtags wohl eher schaden dürfte. Lieberknecht selbst, eine ruhige und kluge Christdemokratin, in ihrem Stil sehr dem Angela Merkels ähnlich, bleibt eisern - und schweigt weiter.
Und wann spricht Dieter Althaus wieder? Sein behandelnder Arzt sagte dem in Konstanz erscheinenden "Südkurier" am Donnerstag: "Herr Althaus kann sich mit emotional aufreibenden Themen nur kurz beschäftigen, weil es ihn dann überanstrengt." Also dürfte er sich der Thüringer CDU so bald noch nicht annehmen.