Thüringen Verschollene Neonazi-Akten setzen Landesregierung unter Druck

Thüringens Innenminister Joerg Geibert (CDU): Ärger wegen verschwundener Akten
Foto: dapdErfurt - Die Opposition verlangt von Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) ein Einschreiten in der Aktenaffäre rund um die NSU-Aufarbeitung im Innenministerium. Die Landeschefin müsse personelle Konsequenzen prüfen, sagte SPD-Fraktionschef Uwe Höhn am Freitag in Erfurt. Auch die Linke kritisierte die Vorgänge rund um das Verschwinden von Akten. Fraktionschef Bodo Ramelow sagte, dass "nun endlich die Ministerpräsidentin eingreifen muss". Derweil trafen sich Innenminister Jörg Geibert (CDU) und LKA-Chef Werner Jakstat zu einem Krisengespräch.
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass es 2000 bis 2001 eine Sonderkommission "Rechte Gewalt" im Landeskriminalamt gab, die auf Weisung des Innenministeriums den rechten "Thüringer Heimatschutz" (THS) ausspähen sollte. Das LKA kann allerdings keine Akten mehr dazu finden, was Geibert kritisierte. Damals sollte ermittelt werden, ob gegen den THS ein Verfahren wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung eröffnet werden kann. Dazu kam es nicht. Ob die Akten zu den Ermittlungen geschreddert wurden, ist laut Ministerium nicht klar. Mitglieder des THS waren auch die Neonazis Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.
Im Innenministerium trafen sich am Freitagvormittag Geibert und Jakstat zu einem Krisengespräch. "Der LKA-Präsident wurde vom Minister aufgefordert, von allen damals beteiligten Mitarbeitern dienstliche Erklärungen zum Verbleib der Akten einzufordern", sagte ein Sprecher des Ministeriums der Nachrichtenagentur dapd. Jakstat wurde gebeten, aufzuklären, wo die Akten sind. Noch wisse niemand, wo sie sich befänden.
Die SPD wandte sich unterdessen von Geibert ab. "Es ist erschreckend, dass nun der Innenminister sein eigenes Haus beschuldigt, seinen Anweisungen und Forderungen nach konsequenter Aufklärung nicht Folge geleistet zu haben", sagte Höhn. Mit dieser Äußerung gestehe Geibert den Kontrollverlust über sein eigenes Ministerium ein. "Wir haben es offenkundig mit einem Innenministerium zu tun, in dem sich erst niemand erinnern kann, wie, durch wen und unter welchen Umständen Behördenleiter oder Sonderkommissionen eingesetzt wurden", sagte Ramelow. Offenbar gebe es aber auch kein Interesse an Ergebnissen.
Thüringen steht ohnehin in der NSU-Affäre unter Druck, unter anderem wegen zahlreicher Skandale im Landesamt für Verfassungsschutz.