Änderung der Geschlechtsangabe per Attest Transsexuelle nutzen Gesetzeslücke

Das Gesetz zum dritten Geschlecht nutzen nach SPIEGEL-Informationen offenbar vor allem transsexuelle Personen. Sie wollen damit das komplizierte, als diskriminierend geltende Transsexuellengesetz umgehen.
Foto: Jan Woitas/ DPA

Das Gesetz zum sogenannten dritten Geschlecht wird offenbar gegen die Absicht des Gesetzgebers von transsexuellen Personen genutzt, um ihre Geschlechtsangabe zu ändern. Seit Anfang des Jahres haben 114 Personen in 14 Bundesländern eine Änderung ihres Personenstands von "männlich" zu "weiblich" und 106 Personen von "weiblich" zu "männlich " beantragt.

Das geht nach SPIEGEL-Informationen aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage des Grünen-Abgeordneten Sven Lehmann hervor. Aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen lagen keine Daten vor. Wie viele Anträge positiv beschieden wurden, konnte die Bundesregierung nicht beantworten.

Das Gesetz wurde geschaffen, um intersexuellen Menschen, die biologisch weder als Mann noch als Frau einzustufen sind, die Möglichkeit zu geben, das Geschlecht "divers" im Personenstandsrecht anzugeben und ihren Vornamen zu ändern. Damals hatten Verbände Nachbesserungen gefordert, die Grünen hatten entsprechende Änderungsanträge eingebracht.

Für die Änderung ist ein Attest eines Arztes nötig. Das Bundesinnenministerium hat betont, die neue Regelung, die auf ein Verfassungsgerichtsurteil zurückgeht, gelte nicht für transsexuelle Personen, deren Geschlecht biologisch feststehe. Für sie sei nach wie vor das Transsexuellengesetz maßgeblich. Ärzte begingen unter Umständen eine Straftat, wenn sie entsprechende Atteste ausstellten.

Das Transsexuellengesetz gilt als kompliziert, das Prozedere bis zur Änderung des Personenstands von "männlich" zu "weiblich" oder von "weiblich" zu "männlich" ist langwierig und aufwendig.

Grünen sprechen von "Drohkampagne" des Innenministeriums

"Wer ein handwerklich schlechtes Gesetz macht, muss mit den Konsequenzen leben", sagte Lehmann. Das Bundesinnenministerium solle seine "Drohkampagne" gegen Ärzte sofort einstellen. Die Grünen hatten statt eines Gesetzes zum dritten Geschlecht ein Gesetz zur Anerkennung der Geschlechtervielfalt gefordert.

"Die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht hängt nicht allein von angeborenen Geschlechtsmerkmalen ab", sagte Lehmann dem SPIEGEL, "sondern im Wesentlichen davon, welchem Geschlecht sich eine Person als zugehörig empfindet".

Er forderte außerdem, das Transsexuellengesetz endlich abzuschaffen. Die Bundesregierung will das Gesetz bis zum Jahr 2022 an die veränderte Klassifizierung der WHO anpassen, die Transsexualität aus dem Katalog der psychischen Krankheiten gestrichen hat.

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