Deutsch-türkische Beziehungen Erdogan-Vertrauter wünscht sich Schröder als Vermittler

Das deutsch-türkische Verhältnis ist angespannt wie lange nicht. Für Ärger sorgen Auftrittsverbote, der Fall Yücel und Spionagevorwürfe gegen Imame. Ein Berater Erdogans schlägt nun Altkanzler Schröder als Vermittler vor.
Gerhard Schröder (l.), Recep Tayyip Erdogan (2006 in Ankara)

Gerhard Schröder (l.), Recep Tayyip Erdogan (2006 in Ankara)

Foto: epa/ picture-alliance/ dpa/dpaweb

Sie nennen sich "Tayyip" und "Gerd". Sie plaudern über Weltpolitik, aber am liebsten über Fußball. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Altkanzler Gerhard Schröder sind bis heute Freunde. Schröder nahm erst Ende vergangenen Jahres in der Türkei einen Preis von Erdogan entgegen.

Die türkische Regierung möchte das gute Verhältnis zum Altkanzler nun offenbar für sich nutzen: "Schröder könnte zwischen unseren beiden Ländern vermitteln", sagt der ehemalige SPD-Europaabgeordnete Ozan Ceyhun, der inzwischen als Berater für die türkische Regierung arbeitet, dem SPIEGEL.

Die deutsch-türkischen Beziehungen sind durch die Spionagevorwürfe gegen türkische Imame in Deutschland, die Verhaftung des Türkei-Korrespondenten der "Welt", Deniz Yücel, und die Auftrittsverbote für türkische Regierungspolitiker durch deutsche Kommunen schwer angeschlagen. Erdogan wirft der Bundesregierung "Nazi-Praktiken" vor und nannte Yücel einen "deutschen Agenten". In Deutschland forderten Politiker verschiedener Parteien eine Einreisesperre für Erdogan und Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei.

Die Krise zwischen Berlin und Ankara ist auch eine Krise zwischen Kanzlerin und Staatschef. Erdogan und Merkel mochten sich von Anfang an nicht. In Ankara heißt es, Erdogan habe bis heute nicht vergessen, dass Merkel als Oppositionsführerin Stimmung gegen den EU-Beitritt der Türkei gemacht hat. Als Regierungschefin pflegte Merkel lange Zeit ein "Nicht-Verhältnis" zur Türkei.

"Er genießt die nötige Glaubwürdigkeit"

Erst die Flüchtlingskrise 2015 zwang die beiden Länder zu einer engen Zusammenarbeit. Merkel setzt darauf, dass die Türkei Migranten an der Weiterreise nach Europa hindert. Erdogan versteht den Deal als Ermunterung, im eigenen Land durch zu regieren.

Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist auf diese Weise nicht entstanden. Erdogan misstraue der Kanzlerin zutiefst, sagt ein türkischer Regierungspolitiker. Die Bundesregierung verfolgt ihrerseits mit Befremden, wie der türkische Präsident die Demokratie in seinem Land immer weiter abbaut.

Ceyhun glaubt, dass Schröder den Dialog zwischen Deutschland und der Türkei "wiederbeleben" könnte. "Er genießt die nötige Glaubwürdigkeit." Ceyhun, der als Vertrauter Erdogans gilt, ließ offen, in welchem Format genau Gespräche zwischen den beiden Ländern stattfinden könnten.

Türkische Oppositionelle bezweifeln, dass Deutschland überhaupt noch groß Einfluss auf die Entwicklungen in der Türkei nehmen kann. Die Bundesregierung habe die Türkei bereits vor Jahren verloren, sagt der Istanbuler Politaktivist und Mitbegründer der Gezi-Proteste, Can Atalay. "Von jetzt an ist bestenfalls noch Schadensbegrenzung möglich."

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