Streit mit der Türkei Erdogan soll Austausch von Yücel gegen Ex-Generäle angeboten haben

Sigmar Gabriel und Recep Tayyip Erdogan (im Juni in Ankara)
Foto: Uncredited/ dpaSeit 157 Tagen sitzt Deniz Yücel in der Türkei in Haft. Jetzt wird bekannt: Im Juni, bei einem Besuch des deutschen Außenministers in Ankara, bot Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan an, den deutschtürkischen "Welt"-Journalisten freizulassen.
Nur: Es war ein schmutziges Angebot, das Sigmar Gabriel empört zurückweisen musste. Denn im Gegenzug zur Freilassung Yücels, so ist in Berlin zu hören, forderte Erdogan, die Bundesregierung solle zwei nach Deutschland geflüchtete Ex-Generäle der türkischen Armee an die Türkei überstellen. Generäle, die nach dem gescheiterten Putschversuch vom vergangenen Jahr hierzulande Asyl beantragt hatten.
Benutzt Erdogan die in seinem Land inhaftierten Deutschen also als Geiseln, um die Auslieferung politischer Gegner zu erzwingen? Öffentlich wollte Gabriel am Donnerstag bei seinem Auftritt im Auswärtigen Amt nicht auf das Tauschangebot Erdogans eingehen, über das zunächst die "Bild"-Zeitung berichtet hatte. "Ich kenne kein offizielles Tauschangebot", sagte der SPD-Politiker. Ein entsprechender Schriftverkehr oder Anruf aus den vergangenen Wochen sei ihm nicht bekannt.
Gabriel wählte seine Worte aber mit Bedacht. Denn offiziell war das Angebot tatsächlich nicht. Stattdessen soll Erdogan Gabriel den Austausch im persönlichen Gespräch diskret unterbreitet haben. Die "Bild"-Zeitung hatte einen Sprecher des Außenamts mit den Worten zitiert: "Auf so einen Handel können wir uns natürlich nicht einlassen."
Bereits am Mittwoch hatte es in der Regierungspressekonferenz Fragen danach gegeben, ob die türkische Regierung versuche, die deutsche Seite mit inhaftierten deutschen Staatsbürgern zu erpressen. Ein Sprecher Gabriels dementierte dies nicht, sondern betonte, es sei "für uns völlig undenkbar, solche Art von Geschäften mit Menschen zu machen". Regierungssprecher Steffen Seibert stellte klar: "Asylgewährung ist in Deutschland auch nicht Sache der Regierung, das muss man doch ganz klar sagen. Deswegen kann das nicht Verhandlungssache sein."

Kundgebung für Deniz Yücel im Mai in Berlin
Foto: imago/ Müller-StauffenbergYücel war im Februar unter Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft genommen worden. Deutschland fordert seine Freilassung. Im Zusammenhang mit dem Putschversuch in der Türkei sind dort nach Erkenntnissen der Bundesregierung bislang 22 deutsche Staatsbürger festgenommen worden. Aktuell sind demnach noch 9 von ihnen in Haft.
Gabriel kündigte am Donnerstag in Absprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine "Neuausrichtung" der Türkei-Politik der Bundesregierung an. Dazu gehört unter anderem eine Verschärfung der Reisehinweise für die Türkei , als Reaktion auf die jüngste Verhaftung des Menschenrechtlers Peter Steudtner. Auch weitere Maßnahmen werden geprüft.