Türkischer EU-Beitritt Helmut Schmidt lobt Merkels Position

Kurz vor der Wahl ist Alt-Kanzler Helmut Schmidt seiner Partei in der Türkei-Frage noch einmal in die Parade gefahren. Der SPD-Mann warnte erneut vor einer Aufnahme Ankaras in die EU und gab Unions-Kanzlerkandidatin Merkel Rückendeckung.

Berlin - Es dürfe keine Freizügigkeit für die "Bevölkerungsüberschüsse" der Türkei geben, sagte Schmidt der Wochenzeitung "Die Zeit". In diesem Punkt sei er "absolut derselben Meinung" wie Angela Merkel. "Die Türken gehören einem uns völlig fremden Kulturkreis an", sagte der frühere Bundeskanzler. Die Re-Islamisierung des Landes sei "in vollem Gange".

Erneut bezeichnete es der ehemalige "Zeit"-Herausgeber als "Irrtum einiger deutscher Politiker", eine Demokratisierung in der Türkei würde ein Beispiel setzen für andere islamische Staaten. Insbesondere die Araber akzeptierten die Türken nicht "als Beispiel oder Vorbild". Über die geplante Aufnahme von Beitrittsverhandlungen sagte Schmidt: "Das ist kein Pakt, es gibt keinen Vertrag."

Die Bundesregierung betonte dagegen, an den geplanten EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei festzuhalten. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) habe deutlich gemacht, dass diese Verhandlungen "sehr hart" geführt würden, sagte Regierungssprecher Bela Anda in Berlin. Auch könne es zehn bis 15 Jahre bis zu einer möglichen EU-Aufnahme Ankaras dauern. Gleichwohl sei der Türkei schon seit 1963 unter dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) eine Vollmitgliedschaft in Aussicht gestellt worden. Daran habe sich auch in den folgenden Jahrzehnten nichts geändert.

Vielmehr sei Ankara stets versichert worden, dass die Türkei bei Erfüllung der Kriterien eines Tages auch EU-Mitglied werden könne, fügte Anda hinzu. Abgesehen von diesem Versprechen wäre es auch ein "enormer Sicherheitszuwachs", wenn die Türkei bei Erfüllung der entsprechenden Kriterien Teil der EU werde.

CSU-Landesgruppenchef Michael Glos kritisierte, wer den Wählern "vorgaukelt", dass eine EU-Vollmitgliedschaft der Türkei bei den Bürgern in Europa durchsetzbar sei, verdränge bewusst die Konsequenzen. Bevölkerungs- und Migrationsexperten warnten, "dass besonders in Anatolien die Menschen auf gepackten Koffern sitzen und auf den Tag des Umzugs nach Deutschland warten", behauptete Glos.

Er machte sich erneut für die von CDU und CSU angestrebte "privilegierte Partnerschaft" zwischen Ankara und der EU stark. Dies sei der richtige Weg, da er weder die Türkei noch Deutschland wirtschaftlich und gesellschaftlich überfordere.

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