TV-Dreikampf der kleinen Parteien Jetzt wird die FDP nervös

FDP-Spitzenkandidat Brüderle: "Sein Auftritt heute Abend ist so wichtig"
Foto: Hannibal Hanschke/ dpaBerlin - Stell dir vor es ist Wahlkampf - und alle reden nur noch über Merkel und Steinbrück. Das ist im Moment die große Sorge in den Parteizentralen von FDP, Grünen und Linke. Das Aufeinandertreffen von Kanzlerin und Herausforderer am Sonntagabend mag keinen klaren Sieger gehabt haben, aber eines hat es wohl bewirkt: Es könnte in den letzten drei Wochen zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück doch noch mal eng im Kampf ums Kanzleramt werden.
Umso mehr müssen die drei kleinen im Bundestag vertretenen Parteien nun kämpfen, um wahrgenommen zu werden im Wahlkampf. Die nächste Gelegenheit dazu kommt prompt: der TV-Wettstreit zwischen den drei Spitzenkandidaten an diesem Montagabend (SPIEGEL-ONLINE-Reporter berichten ab 20 Uhr im Live-Kommentar). Rainer Brüderle, Jürgen Trittin und Gregor Gysi stellen sich in einem Berliner Fernsehstudio 60 Minuten lang den Fragen von WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn und seinem Kollegen Sigmund Gottlieb vom Bayerischen Rundfunk. Die ARD sendet live, zudem wird ins Radio und Internet übertragen.
Dabei spricht einiges dafür, dass es spannender und kontroverser wird als am Abend zuvor zwischen Merkel und Steinbrück. Jeder der drei Spitzenkandidaten ist für sein rhetorisches Talent bekannt, jeder von ihnen liebt die Zuspitzung. Auch wenn sie sich vom Typus stark unterscheiden, der oft gemütlich wirkende Spitzen-Liberale Brüderle, der dennoch messerscharf attackieren kann, der kühle Grünen-Vordermann Trittin, der geschmeidige Ober-Genosse Gysi.
Große Sorge bei der FDP
Wenn die Moderatoren oder das Sendungsformat es nicht verhindern, dürften die drei Spitzenkandidaten bei Themen wie Energiewende, Mindestlohn oder Familienpolitik ordentlich aneinandergeraten.
Und das sollten sie auch, um nicht unterzugehen im Duell der Großen. Das gilt insbesondere für FDP und Grüne als Wunschkoalitionspartner von Merkel beziehungsweise Steinbrück.
Zumal es noch eine große neue Sorge bei der FDP gibt. Nervös registrieren die Liberalen die Umfrageergebnisse nach dem TV-Duell. Demnach hat der SPD-Kanzlerkandidat bei den unentschlossenen Wählern deutlich besser abgeschnitten als die Regierungschefin. Weil die Unionsanhänger, so heißt es unter den Demoskopen, deutlich "ausmobilisiert" seien, befürchtet man bei der FDP nun einen Effekt zugunsten der Sozialdemokraten. Die SPD könnte aufholen - Schwarz-Gelb wäre in Gefahr.
Umso mehr müssten nun die Liberalen dagegenhalten und ihr Potential ausschöpfen, um eine Fortsetzung von Schwarz-Gelb zu ermöglichen. "Deshalb ist der Auftritt von Brüderle heute Abend so wichtig", ist zu hören.
SPD-Aufholjagd könnte auch den Grünen schaden
Allerdings könnte die mögliche Aufholjagd der SPD auch den Grünen schaden - was den Druck auf Spitzenkandidat Trittin vor dem TV-Dreikampf erhöht: Ein stärker werdender Steinbrück dürfte nicht nur im Lager der Unentschlossenen Stimmen ziehen, sondern am Ende auch unter Grünen-Sympathisanten. Und wenn es dann trotzdem nicht zu einer Koalition mit der SPD reicht, wären die Grünen doppelt bestraft.
Auch die Linke leidet unter dem Fokus auf das Merkel-Steinbrück-Duell - aber ihr gelingt es im Moment von den drei kleinen Parteien noch am ehesten, mit ihren Themen durchzudringen. Das liegt einmal daran, dass die Linke in fast regelmäßigen Abständen Sozialdemokraten und Grünen eine Debatte über eine gemeinsame Koalition aufdrängt, obwohl man dort jegliche rot-rot-grüne Phantasien kategorisch ablehnt. Dazu kommt, dass die Linke aktuell inhaltlich ein Alleinstellungsmerkmal hat - im Syrien-Konflikt agiert keine andere deutsche Partei so klar und deutlich. Ohne Wenn und Aber heißt die Linken-Antwort zu einem westlichen Kriegseinsatz: Nein.
Es würde also niemanden überraschen, wenn Linken-Mann Gysi am Montagabend am entspanntesten in den TV-Dreikampf geht. Aber Brüderle und Trittin werden alles dafür tun, dass sich das ändert.