Bundesnachrichtendienst De Maizière verteidigt Ausspähen sozialer Netzwerke

Warum verbieten, wenn es gesetzlich möglich ist? Innenminister Thomas de Maizière hat sich für die Echtzeit-Überwachung sozialer Netzwerke ausgesprochen: Die Kommunikation der Bürger habe sich dorthin verlagert.
Innenminister de Maizière: "Die Nutzung verlagert sich vom Telefon in soziale Netzwerke"

Innenminister de Maizière: "Die Nutzung verlagert sich vom Telefon in soziale Netzwerke"

Foto: Maurizio Gambarini/ dpa

Berlin - Wir wollen mitlesen: Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat die Ausspähung des Datenverkehrs in Netzwerken wie Facebook und Twitter durch deutsche Nachrichtendienste verteidigt. "Die Nutzung verlagert sich stark vom klassischen Telefon in soziale Netzwerke", sagte de Maizière im "ARD-Morgenmagazin".

"Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen - nur, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen -, warum soll dann nicht ein Dienst auch auf diese Dienste zugreifen dürfen?", sagte de Mazière. Allerdings müssten der Richtervorbehalt, die Zustimmung einer Kommission "und ähnliches" beachtet werden. Das Ausspähprogramm selbst sei nicht das Problem, allenfalls die Anwendung könne eines sein.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) will seine technische Ausstattung nach Angaben aus Sicherheitskreisen für rund 300 Millionen Euro aufrüsten. So soll der Dienst soziale Netzwerke wie Facebook verstärkt ausspähen können, wie "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR  berichtet hatten.

Das Ziel ist demnach, dass der BND Netzwerke, Blogs und Foren in Echtzeit beobachten kann, also noch während die Nutzer aktiv sind. Den Informationen zufolge soll die Aufrüstung noch dieses Jahr angegangen werden. Durch die neuen Überwachungsmethoden könne man sich ein genaueres Bild über die Lage im Ausland verschaffen, sagten Nachrichtendienstler laut den Berichten. Bei der Bundeswehr-Universität in München sei zu diesem Zweck eine Studie zur "Automatisierten Beobachtung von Internetinhalten" in Auftrag gegeben worden.

Der BND will durch die neuen Überwachungsmethoden mit anderen Geheimdiensten wie der amerikanischen NSA und dem britischen GCHQ gleichziehen. Sicherheitskreise befürchten offenbar, der deutsche Auslandsgeheimdienst würde ohne Modernisierung hinter kleinere Dienste in Staaten wie Spanien und Italien zurückzufallen.

Die Opposition und Datenschützer kritisieren die Pläne. Die Abhörpraxis des BND liefe "weitgehend im rechtsfreien Raum", monierte etwa der Verfassungsrechtler Matthias Bäcker vor dem NSA-Untersuchungsausschuss. Auch andere Staatrechtler wie der frühere Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier und der ehemalige Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem hatten in dem Ausschuss Bedenken über das Vorgehen des BND geäußert.

kes/dpa
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