Fotostrecke

Drohnen: Hightech-Spione auf dem Vormarsch

Foto: Maurizio Gambarini/ picture alliance / dpa

Überwachung in Deutschland Bundesregierung plant Ausbau der Drohnenflotte

Hightech-Spione am Himmel: Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen verfügen Bundeswehr und Polizei über 331 Drohnen zur Überwachung aus der Luft. Mit Hochdruck soll die Flotte im In- und Ausland ausgebaut werden. Bald könnten die Flieger auch im zivilen Luftraum unterwegs sein.

Berlin - Die USA investieren Milliarden in ihre Produktion. Frankreich und Großbritannien brüten gemeinsam über neuen Modellen. Die großen Rüstungskonzerne feilen an der besten Technik: Das Geschäft mit Drohnen boomt, und zwar weltweit.

In Deutschland verfügen Bundeswehr und Bundespolizei nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen insgesamt über 331 Drohnen verschiedener Größen. Darunter befinden sich 37 schwere Hightech-Spione mit einem Gewicht von über 150 Kilogramm und einer Reichweite von bis zu hundert Kilometern. Etwa 70 Drohnen werden derzeit im Rahmen des Afghanistan-Einsatzes verwendet. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion hervor.

Mit Hochdruck soll die Drohnenflotte weiter ausgebaut werden. So will sich die Bundeswehr der Bundesregierung zufolge 16 sogenannte Hubschrauber-Drohnen vom Typ SAATEG VTOL anschaffen. Bekannt war bereits, dass auch fünf Aufklärungsdrohnen des Typs "Euro Hawk" gekauft werden sollen, jenem aus Karbon gefertigten Riesenvogel, der bis zu 25.000 Kilometer zurücklegen und aus einer Höhe von bis zu 20.000 Metern Signale am Boden orten, Radio- und Fernsehsendungen mitschneiden, Funksprüche und Telefonate abhören oder SMS mitlesen kann.

Die leisen Flieger sind auf dem Vormarsch. Die Bundesregierung berichtet von der "Vielfältigkeit der möglichen Verwendungsmöglichkeiten" unbemannter Drohnen. Diese reichten vom kommerziellen Einsatz bis hin zu Hilfseinsätzen zur Waldbrandüberwachung. Auch im Bevölkerungsschutz könnten die im Fachjargon "Unmanned Aerial Systems" (UAS) genannten Flieger einen wichtigen Beitrag leisten. Außerdem, so die Bundesregierung, eigneten sie sich zur Erhebung von Messdaten verschiedenster Art sowie für "Wildtierzählungen und Erntevorhersagen".

Datenschützer sorgen sich um Persönlichkeitsrechte

Unter Datenschützern, Bürgerrechtlern und Juristen sind die leisen Flieger äußerst umstritten, auch deshalb, weil sie nicht nur immer für harmlose Zwecke eingesetzt werden. Zwar dürfen Drohnen, die mehr als 25 Kilogramm wiegen, hierzulande bislang nur in bestimmten Korridoren fliegen. Die schweren, militärisch genutzten Flieger sind deshalb nur über Truppenübungsplätzen zu sehen. Doch werden Mini-Modelle mit begrenzter Reichweite und Flugdauer längst auch in sensiblen Zusammenhängen eingesetzt.

Die Polizeien der Länder nutzten sie zuletzt etwa, um Proteste der Castor-Transporte in Niedersachsen zu überwachen. Auch Fußballspiele in Sachsen wurden mit unbemannten Fliegern unter die Lupe genommen. Die Fälle sorgten für Empörung unter Bürgerrechtlern. Sie sehen durch die heimliche Spionage Persönlichkeitsrechte verletzt.

Auch die Antwort der Bundesregierung zeigt, dass die Behörden ihre Flieger keineswegs nur nutzen, um Land zu vermessen oder Bürger vor Waldbränden zu schützen. So setzt die Bundespolizei ihre Drohnen etwa im Grenzschutz ein, um Schleusungen von illegalen Einwanderern aufzuklären. Zudem erfolgten die Einsätze zur Überwachung von Gleisanlagen "aufgrund von gefährlichen Eingriffen in den Bahnverkehr" sowie zur Erkennung von Rauschgiftanbau.

Dass die Bundesregierung die Drohnenentwicklung offenbar als Zukunftsmarkt sieht, schreckt Kritiker auf. Die Linke-Abgeordneten Andrej Hunko und Ulla Jelpke befürchten, dass Deutschland auf dem Weg sei, "zum europäischen Vorreiter der Spionage aus der Luft" zu werden. Fliegende Kameras könnten zwar in etlichen Bereichen durchaus einen wichtigen Beitrag zur gefahrlosen Beobachtung aus der Luft leisten. "Dem Aufbau einer Spionageflotte für Polizei und Militär erteilen wir jedoch eine klare Absage." Auch der grüne Innenexperte Konstantin von Notz ist alarmiert: "Drohnen haben das gefährliche Potential, heimlich aus der Luft die Privatsphäre der Bürger final aufzuheben. Wir müssen ihren Einsatz zur Überwachung von Menschen verhindern."

Andere halten das für übertrieben. "Natürlich muss man aufpassen, nicht durch die Hintertür Spähaktivitäten auszuweiten", sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Hartmann. "Aber in vielen Bereichen können Drohnen auch ein Segen sein, etwa im Rahmen von Wetter- oder Ernteprognosen." Die stellvertretende CSU-Landesgruppenchefin Daniela Ludwig sagt: "Drohnen mögen einen schlechten Ruf haben, aber ich finde, dass darin Potential steckt." Dass schnell das Wort "Überwachungsstaat" in der Luft liege, sei falsch. "Man sollte vor Zukunftstechnik nicht grundsätzlich die Augen verschließen."

Gesetz öffnet zivilen Luftraum für unbemannte Flieger

Die politische Unterstützung ist bereits auf dem Weg: Denn parallel zur Aufstockung der Drohnenflotte will die Koalition den zivilen Luftraum für die unbemannten Flieger öffnen. Unter Federführung von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ist das Luftverkehrsgesetz überarbeitet worden. Künftig ist der Einsatz von bis zu 150 Kilogramm schweren Drohnen grundsätzlich möglich. "Angesichts der weitreichenden technischen Entwicklung und der erheblichen Fortschritte in diesem Bereich erscheint es in naher Zukunft nicht mehr ausgeschlossen, dass bemannte und unbemannte Luftfahrtgeräte gleichberechtigt am Luftverkehr teilnehmen", heißt es in dem Entwurf, der Ende Januar vom Bundestag abgesegnet wurde.

Abgeordnete, die dem Gesetz kritisch gegenüberstehen, sprechen empört von einer "Revolution". Sie stört vor allem ein Satz im Gesetzestext: Unbemannte Flieger, so heißt es, kämen neben ihren ursprünglichen militärischen Einsatzbereichen derzeit "insbesondere bei der polizeilichen Gefahrenabwehr" in Betracht. Dient das Gesetz also vor allem dazu, die heimliche Überwachung zu erleichtern?

Das Regelwerk mag die Tür dafür einen Spalt weit geöffnet haben. Dass bald schon schwere Hightech-Drohnen über uns schweben, ist allerdings unwahrscheinlich. Denn welche Modelle konkret für die zivile Luftfahrt zugelassen werden und in welchen Zusammenhängen sie eingesetzt werden dürfen - diese Fragen sind bislang nicht angefasst worden. Sie müssten in Verordnungen geregelt werden, auch die Polizeigesetze der Länder bräuchten eine Überarbeitung. Das kann dauern. Denn, so heißt es ebenfalls im Luftverkehrsgesetz: "Es wird nicht verkannt, dass noch viele Aspekte des Betriebs von UAS weiterer Klärung bedürfen." Ohne wissenschaftlich abgesicherte Parameter sei "ein sicherer und verlässlicher Betrieb von UAS nicht vertretbar".

Die Autoren wissen, wovon sie sprechen. Insgesamt verzeichnet die Bundesregierung bislang 17 Abstürze von Drohnen.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten