»Nur russische Solisten« in Schloss Bellevue Ukrainischer Botschafter nennt Solidaritätskonzert einen »Affront«

Andrij Melnyk hat die Einladung von Frank-Walter Steinmeier zu einem Solidaritätskonzert ausgeschlagen, an dem auch russische Musiker teilnehmen. Auch auf eine Reaktion des Bundespräsidialamts äußerte er sich empört.
Verstimmung: Die Berliner Philharmoniker kurz vor dem Konzert »Für Frieden und Freiheit« im Berliner Schloss Bellevue

Verstimmung: Die Berliner Philharmoniker kurz vor dem Konzert »Für Frieden und Freiheit« im Berliner Schloss Bellevue

Foto: Annette Riedl / dpa

Der ukrainische Botschafter in Deutschland will an einem vom Bundespräsidenten veranstalteten Solidaritätskonzert nicht teilnehmen. »Nur russische Solisten, keine Ukrainerinnen«, twitterte Botschafter Andrij Melnyk am Sonntag. »Ein Affront. Sorry, ich bleibe fern.«

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die Berliner Philharmoniker haben für Sonntag zu einem Solidaritätskonzert mit der Ukraine unter dem Titel »Für Frieden und Freiheit« ins Schloss Bellevue eingeladen.

Als eine Sprecherin Steinmeiers Bedauern ausdrückte, legte Melnyk nach, dass »wir Ukrainer keinen Bock auf ›große russische Kultur‹ haben«. Die Sprecherin hatte als Sinn des Konzerts genannt, »ein Zeichen für die Ukraine zu senden, ein Zeichen aller Menschen, die für den Frieden und gegen den Krieg stehen«. Auch geflüchtete ukrainische Musikerinnen und Musiker träten auf. Sie nannte es gegenüber Melnyk »schade, dass wir dieses Zeichen nicht gemeinsam senden können«.

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Nach SPIEGEL-Informationen sagte Melnyk bereits am vergangenen Dienstag für das Konzert ab unter Angabe von Termingründen. Das Präsidialamt bot daraufhin ein zeitnahes persönliches Gespräch an, das Melnyk offenbar bislang nicht annahm.

Stücke von geflohenem ukrainischen Komponisten

Der aus Russland stammende Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko, musste krankheitsbedingt kurzfristig absagen. Für ihn leitete Nodoka Okisawai das Orchester. Den Angaben des Bundespräsidialamts zufolge spielten Musikerinnen und Musiker unter anderem aus der Ukraine, aus Russland, Belarus und Deutschland gemeinsam Stücke ukrainischer, russischer und polnischer Komponisten.

Der mit Covid-19 infizierte Bundespräsident eröffnete die Veranstaltung mit einer Ansprache per Video. Zu Beginn und zum Abschluss des Konzerts spielten die Berliner Philharmoniker jeweils ein Stück des ukrainischen Komponisten Valentin Silvestrov. Steinmeiers Sprecherin schrieb, dass Silvestrov »im hohen Alter von 84 Jahren selbst aus seiner Heimat fliehen musste und nun in Berlin Zuflucht gefunden hat«. Er spielte auch selbst Stücke am Flügel.

Außerdem spielte der russische Pianist Jewgeni Kissin eine Polonaise von Frédéric Chopin sowie gemeinsam mit Mitgliedern der Berliner Philharmoniker zwei Sätze aus einem Klaviertrio von Dmitri Schostakowitsch. Der russische Bariton Rodion Pogossov sang laut Programm die Arie des Fürsten Jeletzki aus Peter Iljitsch Tschaikowskys Oper »Pique Dame«.

ak/dpa
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