Ukrainekrieg Bundesregierung verhandelt mit Schweden über Luftverteidigungssystem

Das mobile System Iris-T wehrt bereits viele russische Luftangriffe in der Ukraine ab. Jetzt will die Bundesregierung neue Abschussrampen aus Schweden importieren. Doch Stockholm ziert sich zu liefern.
Flugabwehr-Waffensystem vom Typ IRIS-T: Hohe Zielgenauigkeit

Flugabwehr-Waffensystem vom Typ IRIS-T: Hohe Zielgenauigkeit

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Wolfgang Kumm / dpa

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Die Bundesregierung ist in Gesprächen mit der schwedischen Regierung über die Genehmigung für den Export von Luftverteidigungssystemen. Dabei geht es um fahrbare Startgeräte für das Iris-T-System, die das schwedische Militär besitzt und die auf Kettenfahrzeugen des schwedischen Herstellers Hägglunds montiert sind. Nach SPIEGEL-Informationen hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) über die Lieferung eines solchen Kettenfahrzeugs mit seinem Amtskollegen Johan Forrsell bei seinem Besuch in Stockholm gesprochen.

Wirtschaftsminister Habeck mit einem Modell des Flugabwehrsystems Iris-T-SLM auf der Luftfahrtmesse ILA in Berlin

Wirtschaftsminister Habeck mit einem Modell des Flugabwehrsystems Iris-T-SLM auf der Luftfahrtmesse ILA in Berlin

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Wolfgang Kumm / picture alliance/dpa

Das Startgerät (englisch: Launcher) würde das bereits im Oktober an die Ukraine gelieferte Iris-T-SLM-System in seinem Abdeckungsradius erweitern und somit den ukrainischen Truppen helfen, ein größeres Gebiet gegen russische Drohnen und Marschflugkörper zu sichern. Auf das Kettenfahrzeug ist die Abschussrampe für die Iris-T-Lenkflugkörper montiert. Das gepanzerte Gefährt kann bis zu 70 Kilometer pro Stunde fahren.

Denkbar ist nach SPIEGEL-Informationen auch, dass mit den schwedischen Abschussrampen auch jene Raketen zum Einsatz kommen, die im System Iris-T-SLS genutzt werden. Davon hat auch die deutsche Luftwaffe welche, die Raketen werden bei den Eurofightern eingesetzt. In Kombination mit dem schwedischen Abschussgerät könnten sie die ukrainische Luftverteidigung stärken.

Iris-T-SLM wurde vom deutschen Rüstungskonzern Diehl entwickelt. Nach dem ersten System sollen noch drei weitere in die Ukraine gehen. Dies hat die Bundesregierung bereits genehmigt. Das zweite Flugabwehrsystem soll nach SPIEGEL-Informationen aus Branchenkreisen fast vollständig produziert sein. Bislang hat sich Schweden geweigert, Launcher für das Iris-T-System zu liefern. Ob die neue Mitte-rechts-Regierung sich hat erweichen lassen, die Genehmigung zu erteilen, ist unklar.

360-Grad-Rundumverteidigung gegen Flugzeuge, Hubschrauber, Drohnen

Auf SPIEGEL-Anfrage teilte das Verteidigungsministerium in Stockholm mit, man verhandele derzeit darüber, wie viele und welche Leopard-2-Panzer Schweden liefern könne. Zu Verhandlungen über andere Waffensysteme könne man keinen Kommentar abgeben. Schweden sei bislang noch kein Mitglied der Nato und ein Staat in unmittelbarer Nachbarschaft mit Russland. Dies müsse bei der Frage von Waffenlieferungen an die Ukraine stets bedacht werden, so ein Sprecher des schwedischen Verteidigungsministeriums.

Die ukrainische Armee meldete schon kurz nach Lieferung des Iris-T-Systems eine hohe Zielgenauigkeit der Lenkflugkörper, die von einem Radar und einer Steuereinheit kontrolliert werden. Daraufhin drängte Kiew die deutsche Regierung dazu, weitere Exemplare zu liefern. Das erste System war genauso wie zwei weitere Iris-T ursprünglich für Ägypten bestimmt. Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte das Rüstungsgeschäft noch am Tag vor der Amtsübergabe durchgewinkt. Das hatte die grüne Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) heftig kritisiert.

Die Iris-T-Lenkflugkörper können bis zu 30 Kilometer hoch und zwischen 25 und 40 Kilometer weit operieren. Laut Hersteller eignen sich die Flugkörper zur 360-Grad-Rundumverteidigung unter anderem gegen Flugzeuge, Hubschrauber, Drohnen und andere Flugkörper. Die schwedischen Startgeräte basieren auf dem Bandvagn 206 von Hägglunds, einer schwedischen Firma, die im Besitz des britischen Rüstungskonzerns BAE Systems ist. Die Launcher haben eine geringere Reichweite als die derzeit in der Ukraine befindlichen Iris-T-Systeme.

Die Bundeswehr verfügt derzeit nicht über Iris-T-Luftverteidigungssysteme. Sie plant allerdings, noch in diesem Jahr acht Stück dieses Kriegsgeräts zu bestellen.

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