Gigantisches Potential Jeder Dritte würde die Piraten wählen

Die Piraten schwelgen im Umfrage-Rausch: Auf zwölf Prozent kommt die junge Partei aktuell bundesweit. Doch das Potential ist damit offenbar noch längst nicht ausgereizt. Fast ein Drittel der Deutschen kann sich vorstellen, ihr Kreuzchen bei den Freibeutern zu machen.
Feiernde Piraten-Anhänger im Saarland: Freibeuter im Dauer-Umfragehoch

Feiernde Piraten-Anhänger im Saarland: Freibeuter im Dauer-Umfragehoch

Foto: dapd

Berlin - Für die Piraten könnte es derzeit kaum besser laufen. Bei der Landtagswahl im Saarland stürmte die Partei von null auf satte 7,4 Prozent, in den nächsten Wahl-Bundesländern Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen stehen die Chancen bestens - und auch bundesweit schwimmt die junge Partei weiter auf der Euphoriewelle: Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Emnid im Auftrag von "Bild am Sonntag" sieht die Piraten derzeit bei zwölf Prozent.

Zwei Prozent legte die Partei damit im Vergleich zur Vorwoche zu - und liegt gleichauf mit den Grünen. Dieser Top-Wert könnte allerdings nur ein Vorgeschmack auf zukünftige, noch spektakulärere Anstiege in der Wählergunst sein. Denn das Potential der Piraten ist laut der Emnid-Umfrage so gewaltig, dass es die etablierten Volksparteien ernsthaft in Bedrängnis bringt.

Laut der Erhebung kann sich fast jeder dritte Deutsche (30 Prozent) vorstellen, die Piratenpartei zu wählen. 65 Prozent schließen dies aus.

Die Meinungsforscher haben das Wählerpotential klar aufgeschlüsselt. So ist der Zuspruch bei Männern (32 Prozent) etwas größer als bei Frauen (28 Prozent), im Westen (31 Prozent) leicht höher als im Osten (28 Prozent). Rund jeder vierte Anhänger von SPD und Grünen kann sich vorstellen, sein Kreuz bei den Piraten zu machen. Bei den Unionsanhängern sind es dagegen nur 13 Prozent. Kaum überraschend: Das größte Potential haben die Piraten mit 50 Prozent bei den jungen Wählern (14 bis 29 Jahre).

Protest, wildes Image und das Internet

Eine klare Mehrheit der Deutschen sieht in der Piratenpartei eine klassische Protestpartei. 81 Prozent sagen, die Piraten hätten Erfolg, "weil sie ganz anders als die anderen Parteien sind". Das vermeintlich "junge und wilde" Image der Freibeuter erklärt für 59 Prozent die jüngsten Wahlerfolge. Das Markenzeichen der Piraten, die hohe Internetaffinität, kommt mit 50 Prozent erst an dritter Stelle.

Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner: "Die Piraten sind so erfolgreich, weil viele Wähler das übliche politische Agieren satthaben: Sie stehen für ein Weg-von-der-Sprechblasen-Politik und deren vermeintlicher Unehrlichkeit, die alle wichtigen Entscheidungen in Hinterzimmern auskungelt."

Die neue Transparenz der Internetpartei führt laut Schöppner zu Sympathiewerten von rund 50 Prozent, während nur etwa 15 Prozent die Piraten auch für kompetent halten.

Die Umfrage zeigt auch: Personal und politische Inhalte spielen für den Erfolg der Piraten offenbar eine eher untergeordnete Rolle. Marina Weisband, politische Geschäftsführerin der Piraten und häufiger Talkshow-Gast, halten gerade mal 29 Prozent der Deutschen für eine Piratin. Der Bundesvorsitzende Sebastian Nerz ist nur 28 Prozent ein Begriff.

Ist Wolfgang Kubicki ein Pirat?

Dagegen halten sogar 23 Prozent den Ex-Sprecher von Christian Wulff, Olaf Glaeseker, für einen Piraten, bei dem FDP-Politiker Wolfgang Kubicki sind es 19 Prozent. Piraten-Vize Bernd Schlömer hingegen, der auf dem Bundesparteitag Ende April für den Vorsitz kandidiert, ordnen nur 16 Prozent der Partei zu.

Inhaltlich identifizieren die Deutschen die Piraten vor allem mit dem Internet: 55 Prozent sagen, die Piraten setzen sich für "Freiheit im Internet" ein. 46 Prozent glauben, die Partei wolle "Laptops für alle Schüler, damit künftig Schulunterricht im Internet stattfinden kann". Bemerkenswert, denn diese Forderung hat die Partei so gar nicht formuliert.

Trotz solcher Unschärfen trauen die Deutschen den Piraten viel zu: Eine große Mehrheit (57 Prozent) glaubt, dass die Partei den Parlamentseinzug bei der nächsten Bundestagswahl schaffen wird. Nur 36 Prozent glauben das nicht.

Für die Umfrage hatte Emnid im März und April insgesamt 1007 Personen nach ihrer politischen Ausrichtung befragt.

jok/dapd
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