Umfrage Mehrheit der Baden-Württemberger gegen S21

Protest gegen Stuttgart 21: Stimmung gegen das Großprojekt kippt
Foto: MICHAEL DALDER/ REUTERSStuttgart - Die Zahl der Gegner von Stuttgart 21 wird größer. 54 Prozent der Baden-Württemberger sprechen sich inzwischen gegen das Milliarden teure Bahn- und Immobilienprojekt aus. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von TNS-Emnid für die Wochenzeitung "Kontext" und die "tageszeitung", die SPIEGEL ONLINE vorliegt. Nur noch 39 Prozent befürworten danach das Großvorhaben.
Damit hat sich die Stimmung im Land gedreht. Bei der Volksabstimmung im November 2011 hatten noch 59 Prozent für den unterirdischen Durchgangsbahnhof gestimmt, 41 sprachen sich dagegen aus.
Auffallend hoch ist nach Angaben der Meinungsforscher die Kritik der Frauen an der geplanten achtgleisigen Tunnelstation. 61 Prozent lehnen diese ab, sie verlangen den Weiterbetrieb und die Modernisierung des bestehenden 17-gleisigen Kopfbahnhofes. Nur ein Drittel der Frauen wünscht sich den geplanten Bau von Stuttgart 21.
Laut Umfrage lehnen mittlerweile alle Bildungsschichten und fast alle Altersgruppen das Großprojekt ab. Unter den Anhängern der drei großen Parteien gibt es mit 65 Prozent nur im Lager der Christdemokraten eine eindeutige Mehrheit für Stuttgart 21.
Bahn soll Mehrkosten selbst aufbringen
Thema der Umfrage sind auch die explodierenden Kosten des Vorhabens. Finanziert sind derzeit nur 4,5 Milliarden Euro. Nach aktuellen Berechnungen kostet das umstrittene Bahnprojekt bis zu 6,8 Milliarden Euro, unter anderem weil die Trassenführung am Flughafen geändert werden soll. 55 Prozent der Befragten sagen, die Bahn solle die zusätzlichen Milliarden selbst aufbringen, falls Stuttgart 21 gebaut werde. Diese Meinung vertreten auch 38 Prozent der CDU-Anhänger.
Damit unterstützt eine Mehrheit die Position der grün-roten Landesregierung und der Stadt Stuttgart. Beide lehnen es ab, ihren Anteil an den Baukosten in Höhe von knapp einer Milliarde Euro aufzustocken. Sie pochen auf die von der Bahn garantierte Kostengrenze von 4,5 Milliarden Euro.
Nach Angaben des Meinungsforschungsinstituts TNS-Emnid gibt es kaum Meinungsunterschiede zwischen den Stuttgartern und den Bewohnern im Rest des Bundeslandes. Die Forscher befragten vom 18. bis 20. Februar insgesamt 1500 Männer und Frauen in Baden-Württemberg: 750 in der Landeshauptstadt und 750 im Rest des Bundeslandes.
Schäuble hält an Stuttgart 21 fest
Am Samstag hatten mehrere tausend Menschen in Stuttgart unter dem Motto "Endstation - alle aussteigen!" gegen das Bauprojekt Stuttgart 21 demonstriert. Nach Angaben der Veranstalter versammelten sich rund 8000 Gegner auf den Straßen, der Polizei zufolge waren es etwa 6000.
Trotz der rasant gestiegenen Kosten hält Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an dem Verkehrsvorhaben fest. "Stuttgart 21 wird gebaut", sagte er der "Stuttgarter Zeitung". Es gebe ein gesamtstaatliches Interesse an dem Projekt. Der Tiefbahnhof und die Schnellbahntrasse seien von enormer Tragweite für Baden-Württemberg.