Umfragehoch SPD schert sich nicht um Grünen-Höhenflug

Zum ersten Mal liegen die Grünen in einer bundesweiten Umfrage gleichauf mit der SPD. Die Sozialdemokraten geben sich gelassen. "Wir werden uns nicht in einem Kleinkrieg verheddern", sagt Generalsekretärin Nahles. Ihre Partei werde bei den Landtagswahlen 2011 die Nase vorn haben.
SPD-Chef Gabriel, Generalsekretärin Nahles (l.): "Die Nase vorn haben"

SPD-Chef Gabriel, Generalsekretärin Nahles (l.): "Die Nase vorn haben"

Foto: FABRIZIO BENSCH/ REUTERS

Andrea Nahles

Berlin - Kein Grund zur Panik: Die SPD-Spitze hat gelassen auf den Umfrage-Höhenflug der Grünen reagiert. Die Partei profitiere derzeit stärker vom Vertrauensverlust der schwarz-gelben Koalition, sagte SPD-Generalsekretärin am Mittwoch in Berlin. "Das muss nicht so bleiben." Die SPD werde sich deswegen jetzt nicht in einem "Kleinkrieg mit den Grünen verheddern", sondern weiter selbstbewusst ihre Positionen beim Arbeitsmarkt oder der Gesundheit vertreten. Wo es Schnittmengen gebe, werde man mit den Grünen eng zusammenarbeiten, so Nahles.

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Sie sei überzeugt, dass die bei den Landtagswahlen im kommenden Jahr gegenüber den überall "die Nase vorn haben wird". Deshalb werde sich die Frage nicht stellen, eventuell als Juniorpartner in eine von den Grünen geführte Landesregierung einzutreten. Sie erinnerte daran, dass es im vergangenen Jahr einen ähnlichen "Hype" um den Aufschwung der FDP gegeben habe. Dieser habe sich aber schnell wieder verflüchtigt.

Laut einer Forsa-Umfrage haben die Grünen die SPD in der Wählergunst erstmals eingeholt. Beide Parteien kommen der Erhebung zufolge derzeit auf 24 Prozent. Wäre jetzt Wahl, wäre damit eine rot-grüne Koalition möglich, denn Sozialdemokraten und Grüne hätten zusammen eine absolute Mehrheit im Bundestag. Für die Union würden derzeit nur 29 Prozent stimmen, für die FDP wie in den vergangenen Wochen gerade einmal fünf Prozent.

Auch auf Länderebene hatten die Grünen in Umfragen zuletzt außerordentlich gute Ergebnisse erzielt. In Berlin waren sie Ende August sogar stärkste Kraft, dort wird seit langem über eine Kandidatur von Renate Künast für das Amt des regierenden Bürgermeisters spekuliert. Auch in Baden-Württemberg erreichten die Grünen unlängst Rekordwerte und liegen weit vor der SPD. Nach derzeitigem Stand der Umfragen könnten sie dort den Ministerpräsidenten stellen. In beiden Bundesländern wird im kommenden Jahr gewählt.

Für Parteienforscher Karl-Rudolf Korte ist der grüne Höhenflug allerdings nur eine "Popularitätsblase". Einen grundlegenden Wandel im Parteiensystem sehe er nicht, sagte der Politikwissenschaftler von der Universität Duisburg-Essen. Korte sprach von einer "geliehenen Macht der Grünen", die "nicht richtig belastbar" sei. Tatsächlich sei die Partei kaum in Regierungsverantwortung, betonte er. Derzeit sind die Grünen in Nordrhein-Westfalen, im Saarland sowie in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen an Koalitionen beteiligt.

Grünen Fraktions-Chef Jürgen Trittin betrachtet seine Partei dagegen inzwischen als Hauptgegner der CDU. Er habe "mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass Frau Merkel uns von Atom bis 'Stuttgart 21' als ihren eigentlichen Gegner sieht", sagte er der "Rheinischen Post".

hut/AFP/dpa
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