Umgang mit Geflüchteten und Armen Linken-Kandidat für Bundespräsidentenwahl zieht Parallele zur NS-Zeit

Gerhard Trabert: Kümmert sich als Arzt um Obdachlose und Geflüchtete
Foto: Kay Nietfeld / dpaDer Kandidat der Linken für das Amt des Bundespräsidenten, Gerhard Trabert, hat mit Blick auf die soziale Ausgrenzung armer und geflüchteter Menschen eine Parallele zur Situation verfolgter Juden in der NS-Zeit gezogen. Beim digitalen Jahresauftakt der Linken zitierte der Sozialmediziner den jüdischen Jugendlichen Mosche Flinker, der im NS-Konzentrationslager Bergen-Belsen starb. Zuvor hatte er angemerkt, dass es »historisch eine ganz andere Zeit war«.
In seinem Tagebuch hatte Flinker beklagt, dass die Gesellschaft das Schicksal der Juden ignoriere: »Es ist, als wäre man in einem großen Saal, in dem viele Menschen fröhlich sind und tanzen, während eine kleine Gruppe Menschen still in der Ecke sitzt. Ab und an holen sie aus diesem Grüppchen Leute, schleppen sie in ein Nebenzimmer und drücken ihnen die Kehle zu. Vielleicht haben sie ja dadurch nur noch mehr Spaß«, lautet das Zitat, das Trabert auswählte.
Dazu sagte der 65-Jährige: »Warum dieses Zitat? Wie damals viele Deutsche wussten, was mit den Juden geschieht, ist es heute so, dass wir wissen, was mit geflüchteten Menschen im Mittelmeer, in libyschen, in syrischen Lagern geschieht. Wir wissen, wie die Armut zunimmt, wir wissen um die erhöhte Sterberate von armen Menschen auch hier in Deutschland. Wenn man vergleicht das reichste mit dem ärmsten Viertel, sterben arme Frauen 4,4 und arme Männer 8,6 Jahre früher. Das ist alles ein Skandal.«
Die Ursachen lägen in der Wirtschafts-, Sozial-, Handels- und Außenpolitik. »Wir dürfen nicht aufhören, dies, auch diese Form von struktureller Gewalt immer wieder zu benennen«, so Trabert.
Der parteilose Trabert war diese Woche von der Linken als Kandidat für die Wahl des Bundespräsidenten im Februar nominiert worden. Er gilt allerdings als chancenlos, denn außer den Ampelparteien unterstützt auch die Union eine Wiederwahl des amtierenden Präsidenten Frank-Walter Steinmeier.
Trabert arbeitet als Arzt seit Jahrzehnten in der Gesundheitsversorgung von Obdachlosen und Geflüchteten. Er sagte zur Lage heute: »Auch die Gerichte missbrauchen ihre Macht, um Kritik in dieser Demokratie mundtot zu machen. Das dürfen wir nicht akzeptieren.« Er berief sich auf den Franzosen Stéphane Hessel und dessen Kritik am Finanzkapitalismus und betonte, nötig sei »Widerstand« gegen eine unsoziale Politik. Da müsse auch die Linke noch profilierter werden.