Kanzlerin Merkel (im September auf der IAA in Frankfurt): Geldsegen für die Union
Foto: ? Kai Pfaffenbach / Reuters/ REUTERSBerlin - Es klingelt in den Kassen der CDU: Die BMW-Anteilseigner Johanna Quandt und ihre Kinder Stefan Quandt und Susanne Klatten haben der Partei am 9. Oktober je 230.000 Euro gespendet. Die Bundestagsverwaltung veröffentlichte die Spende knapp eine Woche später auf ihrer Website. Die CDU bestätigt die Zahlungen.
Stefan Quandt hält 17,4 Prozent der BMW-Anteile, Mutter Johanna 16,7 Prozent und Susanne Klatten 12,6 Prozent. Die verbleibenden 53,3 Prozent befinden sich in Streubesitz.
Die Familie Quandt gehört traditionell zu den Großspendern der CDU. Zuletzt unterstützte der Clan die Partei nach der Bundestagswahl 2009 mit einer ähnlich hohen Spende. Damals gaben Johanna Quandt, Stefan Quandt und Susanne Klatten je 150.000 Euro. Auch die FDP wurde mehrfach von der Familie mit höheren Summen unterstützt. Spenden über 50.000 Euro müssen die Parteien der Bundestagsverwaltung unverzüglich mitteilen.
Die Organisation LobbyControl kritisierte die Zuwendungen. "Die bislang höchsten Spenden im Wahljahr 2013 erfolgten noch nicht einmal einen Monat nach der Wahl. Da stellt sich die Frage, ob die Familie Quandt/Klatten ihre Unterstützung extra aus dem Wahlkampf heraushalten wollte", sagt Christina Deckwirth von LobbyControl.
Vom "krassesten Fall von gekaufter Politik seit langem" sprach der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Klaus Ernst. "BMW hat Merkel im Sack", sagte er der "Leipziger Volkszeitung". "So offen hat es noch niemand gemacht. Da ist auch ein parlamentarisches Nachspiel denkbar."
Zeitlich fällt die Spende in diesem Jahr mit einer heiklen politischen Entscheidung zusammen. Bei einem Treffen der europäischen Umweltminister in Luxemburg verhinderte die Bundesregierung am Montag vorläufig eine Einigung auf strengere Abgasnormen für Autos in Europa. Ziel der Bundesregierung ist es, die Einführung neuer Richtlinien über einen längeren Zeitraum zu strecken, wovon vor allem Oberklasse-Hersteller wie Daimler und BMW profitieren würden. Der EU-Kompromiss sah vor, dass ab 2020 Neuwagen nur noch 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen dürften. Diese zeitliche Nähe kritisierte auch LobbyControl.
Umweltminister Peter Altmaier (CDU) plädierte für mehr "Flexibilität". Konkret will die Bundesregierung erreichen, dass Elektroautos und Hybride, wie auch BMW sie baut, mehrfach gegen denCO2-Ausstoß von Spritfahrzeugen aufgerechnet werden können. Zudem soll die schärfere CO2-Grenze nur für einen Teil der Pkw nach dem Jahr 2020 gelten. Umweltverbände kritisieren die Haltung Berlins massiv.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Daimler-Vorstandsvorsitzender Dieter Zetsche (mit Volker Bouffier, l.) bei der IAA 2013 in Frankfurt: Wie der SPIEGEL berichtet, hat Deutschland eine europäische Allianz geschmiedet, um eine Abstimmung über strenge CO2-Grenzen für Autos erneut aufzuschieben.
Alles Elektro? 2013 zeigt sich die Bundeskanzlerin gerne vor Elektroautos, hier am Stand von Volkswagen. Nach SPIEGEL-Informationen drängt die Regierung darauf, Autofirmen mit mehr "Super-Credits" als geplant zu begünstigen, mit denen Elektroautos mehrfach gegen den CO2-Ausstoß von Spritfahrzeugen aufgerechnet werden. Hybrid-Fahrzeuge bleiben meist unter dem geplanten Grenzwert von 95 Gramm Kohlendioxid-Ausstoß je Kilometer.
Nicht alles Elektro: Ihre besten Geschäfte macht die deutsche Autoindustrie mit schweren Limousinen wie der S-Klasse von Mercedes Benz. Der neue S 500 kommt unter anderem mit einem 4,6-Liter-Motor mit 455 PS Leistung und einem CO2-Ausstoß von 199 Gramm pro Kilometer daher.
Mit dabei beim IAA-Rundgang der Kanzlerin: Matthias Wissmann (M.), Präsident des Verbandes der Automobilindustrie und früherer Kabinettskollege von Angela Merkel unter Kanzler Helmut Kohl. Der heutige Auto-Lobbyist war damals Verkehrsminister, Merkel Ministerin für Umweltschutz.
Bei Fotos mit der Kanzlerin nie ohne Kabel: Ebenfalls aus dem Hause Daimler stammt der Smart Electric Drive, dem die Kanzlerin hier entsteigt.
Auch bei Porsche machte Merkel ihre Aufwartung und stellte sich vor den neuen Panamera S E-Hybrid.
Mit einer Elektromobilitätskonferenz für Autokonzerne und Zulieferer, ausgerichtet von der Bundesregierung, demonstrierte die Kanzlerin im Frühjahr 2013, wie viel ihr an der Fahrzeugbranche liegt. In Deutschland arbeiten rund 750.000 Menschen in der Autoindustrie.
Im Wahljahr 2009 zeigte sich Angela Merkel am Steuer eines Opel auf der IAA in Frankfurt.
Unangenehm fiel 2013 der Plan von Staatsminister Eckart von Klaeden auf, aus dem Kanzleramt zum Autohersteller Daimler zu wechseln. Der Jurist und Merkel-Intimus von Klaeden soll ab 2014 bei dem Stuttgarter Automobilkonzern den Posten des Chef-Lobbyisten bekleiden.
Bereits im Juni 2013 hatte die Bundesregierung eine Abstimmung auf EU-Ebene über strengere CO2-Richtlinien platzen lassen. Vorausgegangen war ein Brief von Industrievertreter Wissmann (hier neben VW-Aufsichtsrätin Ursula Piech und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piech auf der IAA) an Merkel. Wissmann warnte die "liebe Angela", die Autoindustrie werde "kaputt reguliert".
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