Grüne CDU-Initiative Unionsfraktionsvize will höhere Klimaziele und CO₂-Preise

Windkraftanlagen in Brandenburg
Foto: Patrick Pleul / dpaDen letzten Versuch der CDU, mehr Profil beim Umwelt- und Klimaschutz zu entwickeln, unternahm Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Im vergangenen Herbst startete er mit einer Klimacharta den Vorstoß für einen parteiübergreifenden Konsens, um die Erderwärmung zu stoppen. Die Initiative des Christdemokraten fiel der zweiten und dritten Coronawelle zum Opfer.
Stattdessen gaben sich die SPD und deren Kanzlerkandidat Olaf Scholz ein grünes Klimaprogramm. Und in dieser Woche dann schossen die Grünen mit ihrer Bewerberin für das Kanzleramt, Annalena Baerbock, in den Umfragen hoch. Doch nun steuert der wohl einflussreichste Klimapolitiker der Union, Andreas Jung, dagegen.
Der Fraktionsvize aus Baden-Württemberg fordert nach SPIEGEL-Informationen, die Klimaschutzziele Deutschlands bis 2030 anzuheben. Gleichzeitig sollen die Strompreise spürbar abgesenkt werden, indem der Preis auf CO₂-Emissionen verteuert wird. »Um die neuen EU-Ziele zu erreichen, müssen auch wir nochmals deutlich zulegen«, schreibt der Haushaltsexperte in einer Stellungnahme, die dem SPIEGEL vorliegt. »Dabei kommen wir am Emissionshandel als unserem Leitinstrument für marktwirtschaftlichen Klimaschutz überhaupt nicht vorbei.«
CO₂-Bepreisung an Stromkunden zurückgeben
Im Herbst 2019 hatte die Bundesregierung sich in ihrem Klimaschutzprogramm, das eine Reaktion auf die Proteste der Fridays-for-Future-Bewegung war, auf eine Bepreisung von Treibhausgasemissionen geeinigt. Seit diesem Jahr kostet der Ausstoß von einer Tonne CO₂ im Verkehr und in der Gebäudewärme 25 Euro, was zu einem um rund sieben Cent höheren Preis für Benzin an den Tankstellen geführt hat. Bis 2030 soll der CO₂-Preis schrittweise angehoben werden. CDU-Bundestagsabgeordneter Jung schlägt nun vor, die jährlichen Schritte zur Anhebung der CO₂-Preise in Deutschland »größer« zu machen.

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Die Einnahmen aus dem CO₂-Preis sollen aber nicht im Haushalt verschwinden, so der Haushaltsexperte der Union. »Das muss dann in vollem Umfang zurückgegeben werden und Bürger und Wirtschaft mit einer Reduzierung der Strompreise entlasten.« Er hat dabei die sogenannte EEG-Umlage im Blick, mit der die Stromkunden derzeit den höheren Erzeugungspreis von Grünstrom aus Wind- oder Solarenergie ausgleichen. Sie ist in den vergangenen Jahren beständig gestiegen und beträgt derzeit über sechs Cent pro Kilowattstunde Strom.

CDU-Fraktionsvize Andreas Jung
Foto: Michael Kappeler/ dpaDie Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung will Jung für die EEG-Umlage einsetzen. »So kann der Öko-Aufschlag für Erneuerbare von der nächsten Bundesregierung komplett abgeschafft werden«, schreibt er. Davon profitierten sowohl die Bürger als auch das Klima. Der höhere CO₂-Preis würde dazu führen, dass Wirtschaft und Verbraucher weniger fossile Energie aus Kohle, Öl oder Gas verwenden, so Jung.
Der niedrigere Strompreis wiederum mache die Nutzung von Ökostrom attraktiver, etwa beim Heizen von Gebäuden mit Wärmepumpen oder beim Fahren von Elektroautos. Jung spricht deshalb von einem »Doppelpaket für den Klimaschutz«, mit dem seine Partei nach der Bundestagswahl die ökologische Transformation des Landes vorantreiben will.
Mit seinem Vorstoß reagiert der Politiker von der Bodenseeinsel Reichenau auch auf eine Ankündigung von Bundesfinanzminister Scholz. Der hatte in einem Interview mit der Bild am Sonntag angekündigt, im Falle seiner Wahl zum Bundeskanzler die EEG-Umlage komplett aus dem Haushalt zu finanzieren.
Schon für das Konjunkturpaket zur Coronakrise hatten die Großkoalitionäre von SPD und Union elf Milliarden Euro Haushaltsgelder dafür reserviert, die EEG-Umlage bei sechs Cent pro Kilowattstunde einzufrieren. Doch die restliche Kompensation des Ökostromaufschlags, derzeit jährlich 20 Milliarden Euro, ist aus Sicht von CDU-Haushälter Jung nicht aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Das sei »schlicht nicht drin«, widerspricht der CDU-Politiker dem SPD-Finanzminister mit Blick auf die hohen Ausgaben wegen der Coronapandemie.
Seine Klimaschutzinitiative sieht Jung auch als einen Vorschlag, der im Programm der CDU für die Bundestagswahl Niederschlag finden sollte. Derzeit verhandelt Jung auch den Klimateil des Koalitionsvertrags für die künftige Grün-Schwarze Regierung in Baden-Württemberg. Eine ambitionierte Einigung dort könnte auch als eine Blaupause für einen möglichen Koalitionsvertrag auf Bundesebene im kommenden Herbst dienen, sagte Jung dem SPIEGEL.