Mehrere Bewerber Unionsfraktion könnte in Kampfabstimmung über Bundestagsvizepräsident entscheiden

Unionsfraktion im Bundestag
Foto: Christian Spicker / imago imagesDer Unionsfraktion könnte eine Kampfabstimmung um das Amt des Bundestagsvizepräsidenten bevorstehen: Nach SPIEGEL-Informationen haben mehrere Personen Interesse an dem Amt bekundet. So wollen Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer, Kulturstaatsministerin Monika Grütters sowie die Staatsministerin für Integration, Annette Widmann-Mauz, alle CDU, für das Amt kandidieren.
Sollte bis zur Entscheidung in der kommenden Woche keine einvernehmliche Lösung gefunden werden, sei auch eine Abstimmung in der Unionsfraktion möglich. Offenbar gibt es bereits Versuche, ein solches Szenario zu verhindern. Bis zum Wochenende werde eine Entscheidung erwartet, berichtet die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Fraktionskreise. Bisher hat aber keiner der Interessenten zurückgezogen.
Als Erstes hatte die »Neue Osnabrücker Zeitung« über den Personalstreit berichtet.
CSU könnte Abstimmung fern bleiben
Aus der CSU gibt es bislang keine Bewerber für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten. In der Union geht der Posten des Vizepräsidenten in der Regel an die CDU. In der vergangenen Legislatur war das anders, weil die CDU mit Wolfgang Schäuble den Präsidenten stellte. Von der CSU war der ehemalige Innenminister Hans-Peter Friedrich als Vizepräsident Mitglied des Bundestagspräsidiums.
Offen ist dem Vernehmen nach noch, ob die CSU bei der Entscheidung, die in der kommenden Woche getroffen wird, überhaupt mitwählen darf. In der Fraktionsspitze gibt es nach SPIEGEL-Informationen offenbar Überlegungen, das zu vermeiden. Bei den Christsozialen gilt Michael Grosse-Bröhmer als klarer Favorit. Würde er gewählt, könnte dies das Frauenproblem in der Union noch verschärfen.
Künftige Bundestagspräsidentin, und damit Nachfolgerin von Wolfgang Schäuble, soll im neu konstituierten Parlament die SPD-Politikerin Bärbel Bas werden. Traditionell steht der stärksten Fraktion der Posten des Parlamentspräsidenten zu – nach der Bundestagswahl Ende September also den Sozialdemokraten.
Andere Parteien lehnen Wahl von AfD-Vertreter ins Präsidium ab
Laut Geschäftsordnung des Bundestags steht jeder Fraktion mindestens ein Sitz im Parlamentspräsidium zu. Die Präsidiumsmitglieder werden allerdings von den Abgeordneten gewählt, und diese können frei entscheiden, wie sie abstimmen. Dies wird voraussichtlich dazu führen, dass die AfD erneut nicht im neuen Bundestagspräsidium vertreten sein wird.
Die Partei war in der abgelaufenen Legislaturperiode mit diversen Anläufen dabei gescheitert, jemanden ins Bundestagspräsidium zu entsenden. Mehrere Kandidatinnen und Kandidaten der Fraktion für den Vizeposten fielen jeweils in mehreren Wahlgängen durch.
Die AfD-Fraktion im Bundestag hatte am Dienstag mitgeteilt, sich auf den Thüringer Abgeordneten Kaufmann als Kandidat für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten verständigt zu haben. Kaufmann hatte bei der Bundestagswahl ein Direktmandat im Wahlkreis gewonnen. Der promovierte Ingenieur ist derzeit noch Abgeordneter und Vizepräsident im Thüringer Landtag.
Die AfD habe in den vergangenen vier Jahren alles versucht, um Parlamentarismus und Demokratie verächtlich zu machen, sagte ein Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion dem Portal Web.de . Die FDP-Fraktion lehne es auch weiterhin ab, einen AfD-Kandidaten in das Bundestagspräsidium zu wählen. Welche Person die AfD für den Posten nominiere, spiele bei der Entscheidung für die FDP keine Rolle.
Auch in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion habe sich am Abstimmungsverhalten verglichen mit der vorherigen Legislaturperiode nichts geändert. Kaufmann könne auch hier nicht mit vielen Stimmen rechnen. Für SPD und Grüne hätten die beiden Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer Carsten Schneider und Britta Haßelmann darauf verwiesen, dass sich die AfD zuletzt weiter radikalisiert habe.