
Zukunft der US-Demokraten Operation 2020
In dieser Woche traute sich Hillary Clinton mal wieder in die Öffentlichkeit. Bei einem Auftritt in Manhattan sprach die Demokratin über Donald Trump und natürlich ihre Niederlage am 8. November. Sie sei damals auf bestem Wege ins Weiße Haus gewesen, erklärte sie, aber dann sei ihr leider das FBI dazwischen gekommen. "Hätte die Wahl am 27. Oktober stattgefunden, wäre ich jetzt eure Präsidentin", sagte Clinton.
In ihrer Partei kam Clintons Auftritt nur bedingt gut an, weil sie abermals so wirkte, als machte sie für ihre Niederlage alles verantwortlich, nur nicht sich selbst. Die meisten Demokraten wollen Clintons historische Schlappe endlich abhaken, denn obwohl es noch dreieinhalb Jahre bis zur nächsten Präsidentschaftswahl sind, geht es längst um die Frage, wie sich die Partei für 2020 personell aufstellt.
Anders als 2016 dürfte es bei der kommenden Wahl niemanden geben, auf den es in Sachen Kandidatur automatisch zuläuft. Das macht eine Bewerbung attraktiv. Zusätzlich verlockend ist die Instabilität von Trumps Präsidentschaft, die Wahl 2020 könnte eine große Chance sein, das Weiße Haus schnell wieder zurückzuerobern. Und so dürfte es, davon gehen bei den Demokraten jedenfalls schon jetzt viele aus, ein regelrechtes Gerangel um den Posten des Trump-Herausforderers geben.
Biden fällt auf
Sämtliche Auftritte prominenter Demokraten werden dieser Tage nach möglichen Ambitionen abgeklopft. Im Fokus stehen dabei besonders die drei Altstars der Partei: Joe Biden, Ex-Vizepräsident, Bernie Sanders, Clintons Konkurrent im Vorwahlkampf und Elizabeth Warren, die Senatorin vom linken Flügel. Alle drei touren seit Wochen durchs Land und predigen die Wiederbelebung der Partei. Sanders plant für Juli einen großen Auftritt im ersten Vorwahl-Staat Iowa, Warren wirbt eifrig Spendengelder ein.
Besonders aktiv zeigt sich Joe Biden. Kürzlich trat Obamas Ex-Vize in New Hampshire auf, um leidenschaftlich dafür zu werben, dass die Partei sich wieder stärker um die wirtschaftlich Abgehängten kümmern müsse. "Wir müssen beweisen, dass wir ihre Hoffnungslosigkeit verstehen", rief er. Er sei bereit, dafür durchs gesamte Land zu reisen: "Egal wohin, sagt es mir nur, das ist wichtig."
Sein kämpferischer Auftritt galt vielen als Indiz dafür, dass Biden sich von der Operation Präsidentschaft noch nicht gelöst hat. Schon Anfang des Jahres hatte er erkennen lassen, dass er es bereue, 2016 nicht angetreten zu sein. Biden ist populär, er kommt in der Mittelschicht gut an und wäre möglicherweise in der Lage, die Wählerkoalition Obamas zu reaktivieren. Andererseits: Bei der Wahl im November 2020 wäre er 77 Jahre alt. Warren wäre 71 Jahre alt, Sanders gar 79 Jahre. Alle drei wollen die Partei in Wirtschafts- und Bildungsfragen nach links rücken und scheinen damit den Zeitgeist der Demokraten zu treffen. Die Zukunft verkörpert aber keiner von ihnen.
In der Generation 40 plus gibt es zwar nicht allzu viele Demokraten, die in Sachen nationaler Bekanntheit und politischem Profil an die drei Altstars heranreichen, jedoch hoffen viele darauf, es in den turbulenten Trump-Jahren nach oben zu schaffen. Dazu zählen etwa Chris Murphy, der 43-jährige Senator aus Connecticut, sowie die Kalifornierin Kamala Harris (52), die erst im November in den Senat gewählt wurde. Eric Garcetti, Bürgermeister von Los Angeles, hat gute Kontakte zu Großspendern und gilt ebenfalls als ambitioniert. Seth Moulton, 38-jähriger Ex-Soldat und Abgeordneter aus Massachussetts, war zuletzt eine sehr wahrnehmbare Stimme in der Sicherheitspolitik und gilt in der gesamten Partei als große Hoffnung.
Die Hürden bis 2020
Cory Booker, der schwarze Senator aus New Jersey, ist vielen Amerikanern bereits ein Begriff. In den jüngsten Anhörungen von Trumps Kabinettskandidaten versuchte er mit einer harten Linie und kritischen Fragen sein Profil zu schärfen, zudem schaltete er sich aktiv ein in den Streit um das von Trump geplante Einreiseverbot. Allerdings stört viele Demokraten sein Ehrgeiz. Neben Booker schaffte es in den Anhörungen auch Al Franken, sich zu profilieren, Senator aus Minnesota und Ex-Radiomoderator. Sein Vorteil: Er ist ein unterhaltsamer Quereinsteiger. Sein Nachteil: Er steuert auf die 70 zu.
Selbst aus Clintons Lager hoffen manche auf 2020. Andrew Cuomo, Gouverneur von New York und guter Bekannter von Hillary Clinton, inszeniert sich seit Monaten als soziale Stimme der Partei. Im Januar trat er mit Bernie Sanders auf, um Pläne zur Reduzierung von Studiengebühren vorzustellen. Terry McAuliffe ist seit dem Ende seiner Amtszeit als Gouverneur von Virginia auf Jobsuche. Er gilt als einer der mächtigsten Strippenzieher in der Partei mit besten Drähten zu Spendern und zu beiden Clintons.
Viel spricht dafür, dass das Feld in Richtung 2020 eher voller wird als leerer. Wie voll, dürfte vor allem von der Höhe der Siegchancen abhängen. Nach den Startschwierigkeiten Trumps glauben viele Demokraten, dass der Milliardär 2020 ein leichter Gegner wird. Ausgemacht ist das nicht, was auch am Zustand der Partei liegt. Völlig unklar ist bislang, wie die Demokraten die Spaltung zwischen Basis und Establishment überbrücken wollen. Eine Strategie im parlamentarischen Umgang mit Trump ist allenfalls rudimentär vorhanden. Und inhaltlich wirkt die Partei in vielen Fragen orientierungslos, etwa im Freihandel oder der Außenpolitik.
Bei den Midterm-Wahlen im kommenden Jahr dürfte es Trump schwer haben. Allerdings haben die Demokraten viele Sitze zu verteidigen, was eine Mehrheitsverschiebung im Kongress eher unwahrscheinlich macht. Das könnte Trump Spielräume bis zur Präsidentschaftswahl eröffnen. Optionen, Basis und Partei zu mobilisieren, hat er - sei es mit einer großen Steuerreform oder Jobprogrammen.
Wie auch immer die Lage 2019 oder Anfang 2020 sein wird: Eine dürfte mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr antreten: Hillary Clinton. "Sie hatte ihre Chance. Jetzt sind andere dran", sagt ein führendes Kongressmitglied.