Sanktionen gegen Russland Merkel unterstützt Gabriels Kritik an USA

Kanzlerin Angela Merkel
Foto: TRUEBA/ EPA/ REX/ ShutterstockMit deutlichen Worten haben Außenminister Sigmar Gabriel und Österreichs Kanzler Christian Kern ein neues US-Gesetz zu weiteren Sanktionen gegen Russland kritisiert. Ihr Vorwurf: Die USA handelten aus reinem Eigeninteresse - und gefährdeten die europäische Gasversorgung.
Diese Kritik teilt auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und stellt sich hinter ihren Minister. Es gebe "ganz große inhaltliche Übereinstimmungen mit dem Text der Erklärung Gabriels", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Es ist, vorsichtig gesagt, ein eigenwilliges Vorgehen des US-Senats."
Es sei befremdlich, dass bei der Sanktionierung russischen Verhaltens die europäische Wirtschaft ins Visier gerate. "Das darf nicht sein", so Seibert. Wirtschaftliche Interessen und Sanktionsfragen dürften nicht miteinander vermischt werden.
Republikaner und Demokraten im US-Senat hatten in ungewöhnlicher Einmütigkeit einen neuen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht: 97 der 100 Senatoren sprachen sich für neue Strafmaßnahmen gegen Russland aus. Die Kammer begründet die neuen Sanktionen offiziell damit, Russland für die Einmischung in den Wahlkampf, die Annexion der Krim und die Unterstützung des syrischen Machthabers Baschar al-Assad bestrafen zu wollen.
Gabriel und Kern hatten den USA vorgeworfen, mit dem Beschluss aus eigenen wirtschaftlichen Interessen gezielt Druck auf EU-Firmen ausüben zu wollen. Es gehe eigentlich um den Verkauf amerikanischen Flüssiggases und die Verdrängung russischer Erdgaslieferungen vom europäischen Markt, hieß es in dem Statement. Das gehe aus dem Gesetzentwurf "in bemerkenswerter Offenheit hervor". Ziel sei es, Arbeitsplätze in der Erdgas- und Erdölindustrie der USA zu sichern.
Hintergrund ist der Streit um den Bau der Nordstream-II-Pipeline, die mehr russisches Gas nach Deutschland und in die EU liefern soll. Die neuen Sanktionen könnten EU-Firmen unter Druck setzen, die sich am Bau beteiligen - unter anderem BASF und das österreichische Unternehmen OMV, so Gabriel und Kern.
Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) leitet den Verwaltungsrat des Unternehmens Nord Stream II, dessen einziger Anteilseigner der russische Energiekonzern Gazprom ist. Kürzlich erst hatten sich Gabriel, Schröder und der russische Präsident Wladimir Putin am Rande des russischen internationalen Wirtschaftsforums in St. Petersburg getroffen. Gabriel hatte zudem am ersten Abend in seinem Hotel mit dem österreichischen Kanzler Christian Kern gesprochen. Zuvor hatte Schröder auf dem Forum für den Bau der Nord Stream 2-Pipeline geworben.
CDU-Außenpolitiker Röttgen kritisiert Gabriel
Während die Kanzlerin Gabriel Kurs stützt, kritisierte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, den Außenminister scharf. "Außenminister Gabriel hat sich in der Vertretung der Interessen des russischen Staatskonzerns Gazprom zu einer Einseitigkeit und einer Tonlage hinreißen lassen, die nicht die Interessen Deutschlands widerspiegeln", erklärte der CDU-Außenpolitiker am Freitag dem SPIEGEL. Seine Einlassungen zeigten, "wie groß der Lobbyeinfluss von Gazprom in der SPD ist". Röttgen selbst hält den Vorstoß des US-Senats für diskussionswürdig. Wenn der Senat sich für Maßnahmen ausspreche, die die aktive Unterstützung und Duldung Russlands von Kriegsverbrechen des Machthabers Baschar al-Assad in Syrien zum Inhalt hätten und darauf abzielten, US-Präsident Donald Trump in seiner Russlandpolitik an die Kette eines Senatsvotums zu legen und einzuhegen, "dann halte ich das für unterstützenswert, aber in jedem Fall verdient es eine respektvoll-sachliche Auseinandersetzung", so der CDU-Politiker weiter.
Transatlantik-Koordinator Hardt: Alle Kanäle in die USA nutzen
Der CDU-Außenpolitiker und Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Jürgen Hardt, kritisierte gegenüber dem SPIEGEL hingegen die US-Senatsentscheidung: "Es ist richtig, Russland auch durch Sanktionen deutlich zu machen, dass wir anhaltenden Völkerrechtsbruch nicht tolerieren. Allerdings haben wir bisher ein eng zwischen Europa und den USA abgestimmtes Sanktionsregime umgesetzt. Das sollte auch weiterhin so bleiben."
Deutschland habe sich immer klar gegen extraterritoriale Sanktionen der USA ausgesprochen, die weit über das eigentliche Ziel hinausgingen. "Wir müssen jetzt unsere Kanäle nutzen, um im Repräsentantenhaus zu erreichen, dass problematische Passagen des Gesetzentwurfs entfernt werden", so Hardt. Allerdings - was die Tonlage von Gabriels und Kerns Erklärung vom Donnerstag angeht, so rückte auch Hardt davon ab: "Ob die Mikrofondiplomatie des Bundesaußenministers dafür hilfreich ist, bezweifle ich."