NSA-Spionageaffäre Aigner stellt Freihandelszone mit USA in Frage

Der Spähskandal sorgt für Verunsicherung, die Kanzlerin sucht das Gespräch mit US-Präsident Obama. Doch das Vertrauen in den Wirtschaftspartner USA ist angekratzt - Verbraucherministerin Aigner stellt sogar die geplante Freihandelszone in Frage.
Verbraucherministerin Aigner: Neue Regeln für Google, Apple und Co.

Verbraucherministerin Aigner: Neue Regeln für Google, Apple und Co.

Foto: Soeren Stache/ picture alliance / dpa

Berlin - Die Spionage-Aktionen der USA könnten die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Europa belasten. Nachdem bereits aus der EU-Kommission Drohungen drangen, die Gespräche für eine Freihandelszone auszusetzen, mehren sich jetzt auch in der Bundesregierung Zweifel.

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) stellte angesichts der Spionagevorwürfe die Bedingungen für eine europäisch-amerikanische Freihandelszone in Frage. "Das Vertrauen der europäischen Institutionen in die Regierung der USA hat durch den Abhörskandal Schaden genommen. Davon ist auch das geplante Freihandelsabkommen betroffen", sagte Aigner am Montag SPIEGEL ONLINE.

"Wir müssen den Amerikanern klarmachen, dass es auch für Geheimdienste Grenzen gibt. Denn wie soll man unter Freunden vertrauensvoll Verhandlungen führen, wenn man Angst haben muss, dass im Hotelzimmer eine Wanze hängt?", fügte Aigner hinzu. "Es wird Zeit, dass sich Washington diesen Fragen stellt."

Wirtschaftspower gegen China

Der Handelspakt soll die europäischen und amerikanischen Märkte stärker füreinander öffnen. Es geht um den Abbau von Zollschranken, gemeinsame Standards von Produkten - und darum, mit geballter Wirtschaftspower gegen die Weltmacht China zu bestehen.

"Unser gemeinsamer Kampf gegen den Terror darf nicht zum trojanischen Pferd werden, mit dem Aktivitäten der Wirtschafts- und Regierungsspionage gedeckt werden. Was wir jetzt brauchen, sind schnelle, verlässliche Informationen und größtmögliche Transparenz", sagte die CSU-Ministerin weiter.

Die Bundesregierung hatte über Sprecher Steffen Seibert am Montag ihr Interesse an einem Freihandelsabkommen bekräftigt, aber beiderseitiges Vertrauen angemahnt. EU-Justizkommissarin Viviane Reding hatte am Sonntag damit gedroht, die Gespräche ruhen zu lassen: "Partner spionieren einander nicht aus."

Auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) stellte einen Zusammenhang zwischen dem Abkommen und den Geheimdienst-Enthüllungen her. Sie belasteten die Verhandlungen zwischen USA und EU, so Rösler. "Wir haben Verständnis für Terrorismusbekämpfung, nicht aber für zielloses, wahlloses und hemmungsloses Ausspionieren von Bürgerinnen und Bürgern", sagte er bei einer Veranstaltung in Frankfurt.

Bedingungen für Google, Apple und Co.

Aigner sieht die anstehenden Handelspakt-Gespräche nun unter neuen Vorzeichen. "Das Abkommen kann eine große Chance für Wirtschaft und Verbraucher sein. Aber wir müssen die Verhandlungen zum Anlass nehmen, Klartext zu reden. Die Bundesregierung wird es nicht zulassen, dass unser hohes Datenschutz-Niveau preisgegeben wird", sagte sie weiter.

Als Bedingung regte Aigner an, dass auf dem europäischen Markt aktive US-Konzerne wie Google, Apple und Facebook sich EU-Datenschutzrecht beugen müssten. "Wir brauchen einen besseren Schutz privater Daten, nicht mehr staatliche Überwachung. Sonst macht ein Freihandelsabkommen keinen Sinn."

SPIEGEL-Informationen zufolge spähten die USA Einrichtungen der EU in Brüssel, Washington und New York gezielt aus. Der Geheimdienst NSA verwanzte demnach Gebäude und drang in Computernetzwerke ein.

Das EU-Parlament rang am Montag um eine Resolution gegen amerikanische Spähprogramme und die mögliche Einrichtung eines Sonderausschusses.

Mitte Juni hatten EU und USA am Rande des G-8-Gipfels Gespräche über die größte Freihandelszone der Welt vereinbart. Die Verhandlungen sollen nach bisherigen Plänen im Jahr 2015 abgeschlossen sein.

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