Vereidigung im Bundestag Merkel schwört mit Gottesformel
Berlin - Der Amtseid in Artikel 56 des Grundgesetzes lautet: "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde."
Die religiösen Beteuerungsformel "so wahr mir Gott helfe" ist nicht verpflichtend, sondern eine persönliche Entscheidung von Merkel. Ihr Amtsvorgänger Gerhard Schröder (SPD) hatte den Zusatz bei seinen Vereidigungen 1998 und 2002 weggelassen. Am Vormittag hatten die Mitglieder des Bundestages die CDU-Chefin mit 397 von 448 Stimmen der Koalition aus Union und SPD in dieses Amt gewählt.

Reichstag: Die Merkel-Wahl
Mit der Vereidigung ist die Einsetzung ins Kanzleramt vollzogen. Auch die 15 erhielten am Nachmittag im Berliner Schloss Charlottenburg ihre Ernennungsurkunden aus den Händen des Bundespräsidenten. Dabei hat Horst Köhler die neue Bundesregierung zu nachhaltigen Reformen aufgerufen. Der Reformkurs werde gelingen, "wenn wir auf die Kraft der Freiheit und des Zusammenhalts setzen". Die große Koalition werde von vielen kritisiert werden, sagte er voraus. "Dies sollte Sie in Ihrem Einsatz für die Erneuerung anspornen", fügte Köhler hinzu.
Kurz nach 16 Uhr wurde die Kabinettsmitglieder im Bundestag auf die Verfassung vereidigt. 14 der 15 Bundesminister sprachen die Eidesformel mit dem religiösen Zusatz "So wahr mir Gott helfe". Lediglich Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) verzichtete darauf. Der Regierungsmannschaft Merkels gehören acht Sozialdemokraten, fünf CDU- und zwei CSU-Mitglieder an. Für den Abend ist im Kanzleramt die Amtsübergabe vorgesehen. Danach ist bereits die erste Kabinettssitzung unter Führung Merkels geplant.
Am Mittag hatte Köhler Merkel im Berliner Schloss Charlottenburg die Ernennungsurkunde überreicht. Er wünschte ihr in der nur wenige Minuten dauernden Zeremonie "viel Glück, viel Kraft und Gottes Segen".
Gegen 11 Uhr hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert das Ergebnis ihrer Wahl im Reichstag verlesen. 397 Ja-Stimmen oder 64,65 Prozent. Langsam löste sich Merkels Anspannung, vor allem wegen Lammerts launiger Worte. "Das ist ein starkes Signal für viele Frauen, und für manche Männer sicherlich auch", sagte der sichtlich aufgeräumte Bundestagspräsident unmittelbar nach der Bekanntgabe des Ergebnisses. Gelächter im Hohen Haus.
202 Abgeordnete stimmten mit Nein, zwölf enthielten sich, und eine Stimme war ungültig, teilte Lammert weiter mit. Prompt applaudierte die Opposition und Lammert kommentierte unter dem Gelächter der Christ- und Sozialdemokraten hinzu: "Bis zu diesem Augenblick war die Wahl geheim."
Die Kanzlermehrheit lag bei 308 der 614 Stimmen. Merkel erhielt 51 Stimmen weniger als die Große Koalition Mandate hat. "Liebe Frau Merkel", sagte Lammert launig, "ich habe den begründeten Eindruck, dass Sie beabsichtigen, die Wahl anzunehmen, aber auch das muss der guten Ordnung halber förmlich festgestellt werden. Ich darf Sie fragen, ob Sie die Wahl annehmen." Die 51-Jährige antwortete kurz: "Ich nehme die Wahl an." "Ich fühle mich gut", sagte sie nachdem sie im Reichstagsgebäude mit ihrer Familie und dem engsten Freundeskreis zusammengetroffen war.
Merkels direkter Vorgänger Gerhard Schröder war einer der ersten Gratulanten nach der Verlesung des Ergebnisses. Unions-Fraktionschef Volker Kauder zeigte sich "sehr zufrieden" über die Wahl seiner Parteifreundin. "Wir haben ein hervorragendes Ergebnis erhalten. Noch nie hat ein deutscher Bundeskanzler so viele Stimmen bekommen wie Angela Merkel", freute sich Kauder in der ARD.
Unter den 51 Abgeordneten, die aus den Reihen der Großen Koalition gegen Merkel gestimmt hätten, seien auch Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion gewesen, sagte der neue SPD-Fraktionschef Peter Struck im ZDF. Das Ergebnis von 397 Ja-Stimmen, sei ein "ganz ordentlicher Anfang". Er gehe davon aus, dass die Koalition aus CDU/CSU und SPD vier Jahre hält.
Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bekräftigte den Willen der Sozialdemokraten zu einer engen Kooperation mit der Union. "Wir wollen miteinander vertrauensvoll zusammenarbeiten", sagte Heil nach der Wahl. Heil sprach trotz der Gegenstimmen von einem "sehr, sehr guten Ergebnis".