Verfassungsschutz-Panne Bespitzelter Journalist wurde offenbar verwechselt

Niedersachsens Verfassungsschutzchefin Brandenburger: Peinliche Panne
Foto: Holger Hollemann/ dpaHannover - Ronny Blaschke versteht seit kurzem die Welt nicht mehr. Vergangene Woche bekam der freie Journalist einen Anruf von Niedersachsens Verfassungsschutzchefin Maren Brandenburger.
Man habe, so die zerknirschte Amtsleiterin, bei internen Stichproben zum eigenen Entsetzen entdeckt, dass Blaschke unrechtmäßig in einer Extremismusdatei gelandet sei. Er möge das bitte entschuldigen. Fast gleichzeitig erhielt der Mann, der seit Jahren über Rechtsextremismus im Sport recherchiert, ein Schreiben der Behörde: Die illegal gesammelten Daten, hieß es darin, seien unverzüglich gelöscht worden.
Seither rätselt Blaschke, was so gefährlich an ihm ist, dass er unter der ehemaligen schwarz-gelben Landesregierung als potentieller Extremist geführt wurde. Der Journalist nahm sich einen Anwalt. In der "Süddeutschen Zeitung" vom Donnerstag beschrieb er anschaulich , wie er nun plötzlich unter Generalverdacht geriet. Dem SPIEGEL sagte er: "Für die Rechtsextremen bin ich doch ohnehin ein linker Schmierfink - die werden das jetzt ausgiebig für ihren Opferkult nutzen."
Noch seltsamer wurde die Angelegenheit, als Blaschke erfuhr, dass er offenbar 2010 ins Visier des Geheimdiensts geriet. Damals soll er auf einer Veranstaltung der Linken - die unter CDU-Innenminister Uwe Schünemann konsequent beobachtet wurde - einen Vortrag über das bedingungslose Grundeinkommen gehalten haben. Das aber sei unmöglich, sagt der Journalist: Weder interessiere er sich sonderlich für das Grundeinkommen, noch habe er besonders viel Ahnung davon. An einen Vortrag bei den Linken im Jahr 2010 könne er sich schon gar nicht erinnern. "Das ist alles sehr merkwürdig."
Jetzt scheint das Rätsel gelöst zu sein. Am Freitagmorgen musste Brandenburger im geheim tagenden Ausschuss "Angelegenheiten des Verfassungsschutzes" des niedersächsischen Landtags einräumen, was den Fall endgültig zur Spionageposse macht: Mit dem Journalisten Blaschke informierte sie offenbar den Falschen, er wurde wohl Opfer einer Namensverwechslung in ihrem Amt.
Während nämlich Ronny Blaschke, Jahrgang 1981, mit dem Grundeinkommen wenig am Hut hat, ist Ronald Blaschke, Jahrgang 1959, Experte auf dem Gebiet. Letzterer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter von Linken-Chefin Katja Kipping und Sprecher des Netzwerks Grundeinkommen. In dieser Eigenschaft hält er auch schon mal vor den eigenen Leuten Vorträge. Und offenbar reichte schon das unter Schwarz-Gelb in Niedersachsen für den Verdacht, einen Umsturz zu planen.
Dümmer hätte es nun allerdings auch für die neue rot-grüne Landesregierung und deren engagierte Verfassungsschutzchefin Brandenburger nicht laufen können.